Odenwaldschule: Rücktritte als Neuanfang
Heppenheim/dpa. - Der Vorstand der Odenwaldschule in Hessen ist am Samstag mehrheitlich zurückgetreten. Damit zogen fünf der insgesamt sieben Mitglieder die Konsequenzen aus dem vor drei Wochen bekanntgewordenen Missbrauchsskandal an der Privatschule in Heppenheim.
Der Schritt war bereits am Montag angekündigt worden. Im Vorstand bleiben nur Schulleiterin Margarita Kaufmann und Geschäftsführer Meto Salijevic. Neuwahlen soll es zu einem späteren Zeitpunkt geben.
Die von Missbrauchsfällen erschütterte Odenwaldschule in Hessen sucht mit der Sitzung an diesem Wochenende einen Weg aus der Krise. Drei Wochen nach Bekanntwerden der sexuellen Übergriffe auf Schüler ist der Trägerverein der renommierten Privatschule zusammengekommen. «Es sind Dinge falsch gelaufen», sagte Philipp Sturz vom Trägerverein in einer Pause. «Wir haben den Willen zur rückhaltlosen Aufklärung.»
Die Schule spricht von 33 Betroffenen aus den Jahren 1966 bis 1991. Acht Lehrer werden beschuldigt. Informationen des «Spiegel», wonach inzwischen 40 Missbrauchte und zehn beschuldigte Lehrer bekannt sind, wollte Sturz nicht bestätigen.
Eine Abordnung ehemaliger Schüler hatte zu Beginn an dem nichtöffentlichen Treffen teilgenommen. In der zweiten Hälfte war dann der Trägerverein unter sich. Das Gremium hat etwa 30 Mitglieder.
Die Rücktritte machten «den Weg frei für einen Neuanfang», sagte Marc Tügel von der Gruppe der Altschüler vor Beginn der mit Spannung erwarteten Sitzung.
Die Odenwaldschule zählt zu den bekanntesten Einrichtungen der Reformpädagogik in Deutschland. Sie wird im nächsten Monat 100 Jahre alt. Auf der Liste ihrer ehemaligen Schüler stehen bekannte Namen. Dazu zählen der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit, der Schriftsteller Klaus Mann und ein Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Weizsäcker, dessen 2008 verstorbener Sohn Andreas Ende der 60er-Jahre in der Wohngruppe des Haupttäters und Schulleiters Gerold Becker gelebt hatte, sagte dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel», weder er noch seine Frau hätten von den Missbrauchsfällen «Kenntnisse gehabt».
Der frühere Bundespräsident wies damit auch Spekulationen in den Medien zurück, er könnte den Missbrauch gedeckt haben. Andreas' Witwe Sabrina von Weizsäcker kritisierte unterdessen scharf die Berichterstattung der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» und der «Zeit». Da werde «Andreas mit Klarnamen» genannt und «entlang des prominenten Namens würden dann Gerüchte in Umlauf gebracht», erklärte sie. Ihr verstorbener Mann werde «benutzt, weil er Weizsäcker heißt». Dabei habe er sich «nicht zu den Opfern gezählt».
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