Obama will atomwaffenfreie Welt - Jubel in Prag
Prag/dpa. - Überschattet vom nordkoreanischen Langstreckentest hat US-Präsident Barack Obama die Vision einer nuklearwaffenfreien Welt entworfen.
Die vollständige Abrüstung werde sicher viel Zeit brauchen, aber sie sei möglich, sagte er am Sonntag vor über 20 000 jubelnden Menschen auf dem Platz vor der Prager Burg Hradschin. «Yes we can» («Ja, wir können es»), rief er und wiederholte damit seinen berühmten Wahlkampfslogan. Der US-Präsident will bis Ende des Jahres eine globale Gipfelkonferenz nach Washington einberufen, bei der es um den Abbau und die bessere Sicherung nuklearer Waffen in der Welt gehen soll.
Die Welt brauche einen neuen Ansatz im Kampf gegen Atomwaffen, weil die Gefahr nuklearer Angriffe trotz der Beendigung des Kalten Krieges gewachsen sei. Der US-Präsident setzte sich für eine umgehende Reduzierung bestehender Waffenarsenale ein. Vor allem müssten weitere Staaten sowie Terroristen vom Bau oder Erwerb nuklearer Waffen abgehalten werden. Allerdings könnten die USA ihre Atomwaffen nicht aufgeben, solange es noch eine nukleare Bedrohung in der Welt gebe.
Obama nannte den Raketenstart Nordkoreas eine «Provokation» , die bestraft gehöre, «nicht nur vom UN-Sicherheitsrat». Die internationale Gemeinschaft müsse gegenüber Pjöngjang gemeinsam handeln. «Regeln müssen eingehalten und ihre Verletzungen bestraft werden ... Worte müssen eine Bedeutung haben», sagte er. Der Raketentest sei ein Beleg für die Dringlichkeit weiterer Abrüstung und der Durchsetzung internationaler Abkommen über die Begrenzung von Atomwaffen.
Obama betonte die Bedeutung des umstrittenen US-Raketenabwehrsystems in Polen und Tschechien. Solange eine iranische Gefahr bestehe, würden die USA die Pläne für eine US-Raketenabwehr umsetzen. Über die Aufstellung des US-Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa gibt es zwischen Moskau und Washington eine heftige Kontroverse.
Die Welt müsse sich weiter intensiv bemühen, den Iran wie Nordkorea von ihren Nuklearprogrammen abzubringen, so Obama. Diese Pläne bedrohten die USA, die jeweiligen Regionen und US-Verbündeten. Der Iran habe die Wahl. Er könne den ihm zustehenden Platz in der Gemeinschaft der Nationen einnehmen und sein Recht auf die friedliche Nutzung der Atomkraft nutzen. Sollte es sich aber weiter weigern, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen, würde es die Chance auf eine positive Zukunft aufgeben. «Wir wollen den Dialog», betonte Obama seinen Wunsch, Teheran mit Diplomatie und Respekt von seinen Plänen abbringen zu wollen.
Obwohl der Kalte Krieg beendet sei, sei die nukleare Bedrohung paradoxerweise gewachsen, betonte der US-Präsident: «Die Gefahr eines Atomkriegs hat sich verringert, das Risiko eines atomaren Angriffs ist gestiegen.» Heute verfügten mehr Staaten als früher über Atomwaffen. Es sei aber fundamental für die Sicherheit der ganzen Welt, dass die Weiterverbreitung nuklearer Waffen und nuklearer Technologie verhindert werde.
Obama warnte vor dem weltweiten Schwarzmarkt für Nukleartechnologie. Terroristen seien entschlossen, Atomwaffen zu erwerben und sie einzusetzen. Die Sicherung nuklearen Materials und Atomwaffen vor Terroristen habe eine oberste Priorität, sagte Obama. Weltweit dürften Terroristen keinen Zugang zu Atommaterial bekommen.
Ebenso gefährlich sei die Nichtbeachtung des Atomwaffensperrvertrags durch manche Länder. Hier seien strengere Kontrollen und eine Verschärfung der Konsequenzen notwendig. Eine zu schaffende internationale Institution für die Verteilung nuklearen Brennstoffs soll künftig sicherstellen, dass Länder die Atomkraft als Energiequelle für friedliche Zwecke nutzen könnten.
Obama kündigte einen neue Initiative in Washington an, damit der UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffentests auch in den USA ratifiziert wird. Die Verabschiedung des Abkommens wird seit Jahren im US-Senat blockiert. Der von bereits 148 Staaten unterzeichnete Vertrag ist aber auch noch nicht von Ländern wie China, Indien, Pakistan, Israel oder dem Iran und Nordkorea unterzeichnet worden.
Obama bezeichnete das mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew angepeilte Folgeabkommen des in diesem Jahr auslaufenden START-Vertrags über atomare Mittelstreckenraketen als einen ersten wichtigen Schritt der neuen Abrüstungsbemühungen. Obama hatte bereits in London einen «neuer Rekord bei der Verringerung der strategischen Offensivwaffen» angekündigt.
Ziel müsse es sein, so Obama, die Produktion von spaltbarem Material für Nuklearwaffen zu beenden. Länder mit Produktionsstätten für spaltbares Material wie die USA, Großbritannien, Frankreich und Russland hätten bereits ein entsprechendes Moratorium beschlossen. Nun gelte es, auch China, Indien und Pakistan miteinzubeziehen.
Am Mittag sind die 27 EU-Staats- und Regierungschefs in Prag mit Obama zusammengekommen. Mit dem Sondergipfel wollen EU und USA den transatlatischen Beziehungen neuen Schwung geben. Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft, dass Obama in Prag die neue Klimaschutzpolitik der USA konkretisiert.