1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Obama kämpft vor Kongress für Gesundheitsreform

Obama kämpft vor Kongress für Gesundheitsreform

10.09.2009, 09:43

Washington/dpa. - Mit einem leidenschaftlichen Appell hat US- Präsident Barack Obama den US-Kongress aufgefordert, 47 Millionen Amerikanern endlich eine Krankenversicherung zu geben.

«Ich bin nicht der erste Präsident, der sich dieses Themas annimmt, aber ich bin entschlossen, der letzte zu sein», sagte Obama vor beiden Häusern des Parlaments in Washington zu seinen Plänen.

Mit einer umfassenden Reform des Gesundheitswesen zielt Obama auch darauf, die explodierenden Kosten einzudämmen. «Wir zahlen anderthalb mal mehr pro Person für die Gesundheitsversorgung als jedes andere Land, aber wir sind dafür nicht irgendwie gesünder.» Die Ausgaben verschlingen nach seinen Worten ein Sechstel der gesamten Wirtschaftsleistung der USA. Bürger, die schon eine Krankenversicherung haben, sollen mehr Schutz bekommen.

Die Republikaner lehnen die Reform ab, weil sie aus ihrer Sicht enorme Kosten für den Staat - und damit den Steuerzahler - verursachen würde. Zudem warnen sie davor, mit einer staatlichen Krankenversicherung den privaten Versicherern Konkurrenz zu machen; dies würde mit der Zeit zur völligen Verstaatlichung des Gesundheitswesens führen, argumentieren viele Konservative.

Die Reform werde 900 Milliarden Dollar in den kommenden zehn Jahren kosten, «weniger als wir für die Kriege im Irak und in Afghanistan ausgegeben haben und weniger als die Steuerkürzungen für die kleine Zahl der reichsten Amerikaner in der Zeit der letzten Regierung (von George W. Bush)», sagte Obama. «Die Zeit der Spielchen ist vorbei.» Die «Zeit zum Handeln» sei nun gekommen.

In der von allen großen Fernsehstationen übertragenen Rede versuchte der Präsident eine Brücke zwischen den politischen Positionen zu bauen. Er strebe keinen Systembruch an, betonte Obama. Weder soll die Gesundheitsversorgung verstaatlicht werden, wie das die Linke wolle; noch soll sie die private Angelegenheit jedes einzelnen bleiben, wie von den Rechten gewollt. Es brauche aber mehr Konkurrenz im Gesundheitswesen. Deswegen sei auch ein staatliches Versicherungsangebot notwendig.

Obama stieß bei den Republikanern schon während seiner kämpferischen Rede auf Widerstand. Als der Präsident sagte, dass das neue System keineswegs die Illegalen im Land einbeziehen würde, schrie ein Volksvertreter dazwischen «Sie lügen!».

Obamas Ansprache war - abgesehen von den traditionellen Berichten zur Lage der Nation - erst die dritte Rede eines Präsidenten vor dem Kongress in den letzten 20 Jahren. Ex-Präsident Bill Clinton hatte sich 1993 ebenfalls wegen der Gesundheitsreform an die Senatoren und Abgeordneten gewandt, Bush 2001 nach den Terroranschlägen.

Obama erklärte, dass auch staatliche Gesundheitsversicherungen gezwungen würden, kostendeckend zu arbeiten. Der Steuerzahler werde nicht dafür aufkommen müssen. Er werde keinen Plan unterzeichnen, «der nur um einen Dime (zehn Cent) das Defizit erhöht». Die meisten neuen Kosten würden abgedeckt von den ohnehin schon existierenden staatlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen. Dazu kämen zahlreiche Einsparungspotenziale.

Obama versicherte den Amerikanern, dass niemand gezwungen werde, seine bisherige Versicherung aufzugeben. Er kritisierte private Anbieter, die Amerikanern den Schutz verweigerten, weil diese wegen ihrer Krankheitsgeschichte ein zu großes Risiko seien. Es sei auch «herzzerreißend und falsch», wenn private Kassen manchen Kranken bei schweren Krankheiten unter Vorwänden kündigen würden. «Wir sind die einzige fortgeschrittene Demokratie auf der Erde und die einzige reiche Nation, die Millionen Menschen diese Härten zumutet», sagte der Präsident.

Obama konnte zumindest bei den TV- Zuschauern nach einer CNN- Umfrage punkten. 67 Prozent der in einer nicht repräsentativen Blitzumfrage befragten Amerikaner, die Obama live verfolgt hatten, unterstützten seine Vorschläge - 14 Prozentpunkte mehr als vorher. 45 Prozent der Befragten waren jedoch Demokraten, nur 19 Prozent Republikaner.

In seiner Rede kritisierte der Präsident scharf die politische Debatte der vergangenen Monaten. Manche hätten mit einer «Angsttaktik» und ideologischer Polemik eine sachliche und ehrliche Auseinandersetzung verhindern wollen. Das Ergebnis sei Konfusion gewesen.