Nordafrika Nordafrika: Krieg, Unruhen, Proteste - Brennpunkte in Arabien

Berlin/dpa. - Libyen: Der Bürgerkrieg zwischen der libyschen Opposition und Truppen des Diktators Muammar al-Gaddafi fordert immer mehr Opfer.Der Übergangsrat spricht inzwischen von 10 000 Toten und bis zu55 000 Verletzten. Die Koalition von 17 Staaten fliegt mit knapp 200Flugzeugen weiterhin Luftangriffe gegen libysche Stellungen. Unterden rund 2000 Einsätzen unter Nato-Führung waren auch Angriffe naheder besonders heftig umkämpften Stadt Misrata sowie am Montag derRaketenbeschuss einer Gaddafi-Residenz in Tripolis. NachUN-Schätzungen haben bisher mehr als eine halbe Million Menschen aufder Flucht vor den Kämpfen das Land verlassen.
Syrien: Das Regime von Baschar al-Assad geht immer härter gegen dieOpposition vor. Am Montag weitete der Machthaber seinenMilitäreinsatz gegen das Volk im Süden des Landes aus. Panzerrückten in der Stadt Daraa gegen die Protestbewegung vor. NachAngaben der Opposition wurden dabei mindestens 39 Menschen getötet.Erst am Freitag erschossen Sicherheitskräfte landesweit mehr als 100Menschen, am Wochenende kamen weitere Opfer hinzu.UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte ein sofortiges Ende der«anhaltenden Gewalt gegen friedliche Demonstranten». Die USA drohenDamaskus mit «gezielten Sanktionen».
Jemen: Der blutige Machtkampf geht weiter, das Land versinkt imChaos. Seit Wochen fordern Demonstranten den Rücktritt vonLangzeit-Präsident Ali Abdullah Salih. Hunderttausende gingen dafüram Montag erneut auf die Straße. Mehr als 100 Menschen wurdenbislang bei den Protesten von Sicherheitskräften und Salih-Anhängerngetötet, weitere Tausende verletzt. Das Land drohtauseinanderzubrechen. Extremisten aus verschiedenen Lagern nutzenden andauernden Machtkampf, um ihren Einflussbereich zu vergrößern.
Jordanien: Nach blutigen Zusammenstößen scheint der von KönigAbdullah II. angestoßene Reform-Dialog gescheitert zu sein. Diewichtigsten Oppositionsparteien beendeten die Gespräche. Tausendefordern seit Wochen einen politischen Wandel. Der König hattedaraufhin die Regierung ausgetauscht und Reformen zugesagt. Voreiner Woche nahmen Sicherheitskräfte mehr als 100 Islamisten fest.Sie werden beschuldigt, für gewaltsame Proteste mit rund 90Verletzten verantwortlich gewesen zu sein.
Marokko: Tausende Demonstranten forderten am Sonntag erneutdemokratische Reformen und mehr soziale Gerechtigkeit. Das Land hatein Mehrparteiensystem und ein freigewähltes Parlament. Die Machtder Regierung ist aber begrenzt, da König Mohammed VI. in wichtigenFragen das letzte Wort hat. Vor einer Woche begnadigte der Monarchzahlreiche politische Gefangene. Mohammed VI. hatte eineVerfassungsreform angekündigt, die auch die Macht des Königseinschränken soll.
Algerien: Seit Monaten gehen die Menschen immer wieder gegenArbeitslosigkeit, Korruption und Behördenwillkür auf die Straße. BeiAusschreitungen infolge von Studentenprotesten wurden vor einerWoche erneut mehrere Menschen verletzt. Der seit 1992 geltendeAusnahmezustand wurde inzwischen aufgehoben. Er hatte dem Staatweitgehende Eingriffe in politische Freiheiten erlaubt. PräsidentAbdelaziz Bouteflika kündigte weitreichende demokratische Reformenan. Die Opposition reagierte skeptisch.
Bahrein: Zwei Monate nach Beginn der Proteste droht die Regierungdamit, die wichtigste Oppositionsgruppe des Landes zu verbieten. Dieschiitische Wifak-Gesellschaft ist mit 18 von insgesamt 40Abgeordneten die größte Fraktion im Parlament. Parteien sind inBahrein verboten. Das Militär hatte den Dauerprotest derReformbewegung am 16. März gewaltsam beendet.
Ägypten: Der am 11. Februar nach Massenprotesten zurückgetretenePräsident Husni Mubarak soll für den Tod von 846 Menschen währenddes Umsturzes mitverantwortlich sein. Zu diesem Ergebnis kommt dievom regierenden Militärrat eingesetzte Richterkommission in einemBericht über die 18 Tage währenden Proteste. Der unter Herzproblemenleidende Mubarak ist seit seiner Verhaftung in einemArmeekrankenhaus östlich von Kairo untergebracht.