Nigeria Nigeria: Lagos auf dem Weg zur drittgrößten Stadt der Welt

Nairobi/Lagos/dpa. - Lagos, die größte Stadt in Afrika südlichder Sahara, ist ein Ort der Extreme. Luxusvillen auf den Inseln undunvorstellbare Armut liegen in der nigerianischen Metropole nahbeieinander. Lagos ist der Ort der Hoffnung für den steten Zustromder Neuankömmlinge, die aus den ländlichen Regionen in die Stadtströmen auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben und derAlptraum der Gescheiterten.
Die westafrikanische Metropole ist eine Stadt, die angesichtshoher Kriminalität mit Nairobi und Johannesburg um den zweifelhaftenRekord als gefährlichste Stadt Afrikas konkurriert. Eine Megacityschließlich voll schriller, wilder, pulsierender Lebenslust, in derdie einen einen Geschäftsabschluss in glitzernden Nachtclubs feiernund die anderen in Wellblechhütten mit plärrender Lautsprechermusik,dass sie wieder einen Tag überlebt haben.
Lagos lässt sich lieben oder hassen, meinen ihre Bewohner. Gernzitieren sie das Sprichwort «Lagos ist die Stadt Gottes, in der sichder Teufel herumtreibt.» Eine Stadt, die niemals schläft, versicherndie feierfreudigen Einheimischen, voll Euphorie und Verzweiflung.
Ihren Status als Hauptstadt hat die nigerianische Hafenstadt, inder bis in die Mitte der 19. Jahrhunderts der Sklavenhandel blühte,schon vor 15 Jahren verloren. Der damalige Militärmachthaber GeneralIbrahim Babangida verlegte den Regierungssitz von Lagos nach Abuja.Damals glaubten viele an ein Ende der goldenen Zeiten an der Lagune.Sie hatten sich geirrt.
Denn viele Beamte kehrten Lagos nur für die Arbeit den Rücken. AmWochenende kamen sie zurück, flohen aus der braven BürokratenstadtAbuja ins Nachtleben von Lagos. Die Liebe zum Feiern hat in LagosTradition, berichtete der Historiker Kunle Akinsemoyin im britischenRundfunksender BBC. «Schon die frühen Einwohner liebten sozialeZusammenkünfte», stellte er bei seinen Forschungen zurStadtgeschichte fest. «Sie liebten das Trommeln und tanzen undgenossen es bei jeder Gelegenheit.»
Das ist heute nicht anders. Die etwa 15 Millionen Einwohner-Stadtmag an chronischen Verkehrsproblemen leiden, viele Einwohner in denarmen Stadtteilen haben weder Wasserversorgung noch Elektrizität,aber gefeiert wird immer. Ob in den schicken Nachtclubs auf HighbrowVictoria Island oder im einfachen Surulele, wo sich hunderte vonSpelunken aneinander reihen und praktisch rund um die Uhr Musik auszahllosen Lautsprechern zu hören ist.
Jeden Tag kommen Neuankömlinge, getrieben von der Aussicht auf densagenhaften Reichtum von Lagos. Und jeden Tag enden die Gescheitertender Stadt auf der Straße, verstärken das Heer der Bettler, derStraßenkinder und Tagelöhner. In Makoko etwa, einer einstigenFischersiedlung, deren Pfahlbauten zu einem der schnell wachsendenSlums von Lagos werden, finden sich viele, die auf ein besseres Lebenhofften, zwischen stinkenden Kanälen und schwirrendenMoskitoschwärmen wieder. Inzwischen leben zwei Drittel der Einwohnerin Slums, ohne Anbindung an irgendeine Infrastruktur.
Eines der größten Probleme der Stadt am Atlantik ist dieTrinkwasserversorgung. Salzwasser ist reichlich vorhanden, doch nichteinmal die Hälfte der Einwohner wird von der öffentlichenWasserversorgung erreicht. Und nur in den wohlhabenden Stadtteilenhaben die Einwohner die Mittel, die Gebühren der Wasserwerke zubezahlen. Der große Rest bekommt sein Wasser von Straßenhändlern,ohne Gewähr, tatsächlich trinkbares Wasser ohne Keime und Bakterienzu kaufen
Ein Ende des Wachstums des Molochs Lagos ist nicht in Sicht. JedesJahr wächst die Zahl der Einwohner um acht Prozent. «Im Jahr 2015wird Lagos die drittgrößte Stadt der Welt mit rund 25 MillionenEinwohnern sein», sagt Francisco Bolaji Abosede, Oberster Stadtplanervon Lagos. Das Problem: «Lagos hat weitaus weniger Infrastruktur alsandere große Städte auf der Welt.»
Schon jetzt ist es für viele Lagosianer ein enormes Problem,zwischen Stromausfällen und anderen Alltagsproblemen von einem Teilder Stadt in einen anderen zu gelangen. Auch für kurze Strecken sindsie manchmal ein, zwei Stunden unterwegs, wenn die Straßen mal wiederverstopft sind mit risikofreudigen Sammeltaxen, überladenen Bussen,Limousinen und Kleinlastern, die Tagelöhner zu einer der vielenBaustellen der Stadt transportieren.
Dennoch, Anfänge zur Verbesserung der Lebensqualität vor allem derÄrmsten sind gemacht. Die Weltbank stellte ein Darlehen in Höhe von200 Millionen Dollar zur Verfügung, damit die neun größten Slums vonLagos an das Abwassersystem angeschlossen werden. Rund eine MillionMenschen werden davon profitieren - angesichts der vielen Menschen inden Elendsquartieren immer noch eine kleine Zahl der Lagosianer.
Der oft ungezügelte Bauboom in Lagos hat seine Schattenseiten.Nigeria gilt bei Korruptionsbekämpfern als eines der korruptestenLänder weltweit. Die allgegenwärtige Korruption hat dazu geführt,dass unabgängigen Schätzungen zufolge etwa 30 Prozent der Gebäude derStadt ohne Baugenehmigung oder Bauaufsicht errichtet wurden. Vielebrechen bereits nach wenigen Jahren zusammen.
