Neuer Service Neuer Service: Bittere Pillen in der «Hausapotheke»?

Halle/MZ. - Ärzte und Apotheker streiten überdas Modell der "Hausapotheke", das die Apothekereinführen wollen. Was bringt es den Patienten?Unsere Redakteurin Bärbel Böttcher beleuchtetPro und Kontra.
Welche Leistungensoll die "Hausapotheke" bieten?
Die "Hausapotheke" bietet den so genanntenArznei-Service. Das heißt, alle Medikamente,die der Patient verschrieben bekommt und selbstkauft, werden vom Apotheker gespeichert. "Dadurchkann der Apotheker feststellen, wenn sichverschiedene Arzneien nicht miteinander vertragen,wenn sich durch Verordnungen verschiedenerÄrzte, die nichts voneinander wissen, zu hoheDosierungen eines Wirkstoffes ergeben, oderaber ein Medikament nicht den Regeln entsprechendeingenommen wird", sagt Mathias Arnold, Vizechefdes Landesapothekerverbandes.
Arnold nennt auch ganz praktische Gründe fürdie Speicherung: Der Patient kann am Jahresendeoder zwischendurch seine Quittungen ausdruckenlassen, damit etwa zur Krankenkasse gehenund seine Zuzahlungs-Befreiung beantragen.
"Zudem setzen die Apotheken künftig stärkerauf Vorbeugung. In der Hausapotheke werdenregelmäßig Blutdruck, Blutzucker und Blutfettwertegemessen", so der Apotheker weiter. Dafürmuss der Patient allerdings eine Schutzgebührentrichten. Weiterhin kann der Kunde, ebenfallsfür eine Gebühr, Informationen "bestellen"- etwa über neue Medikamente. Er kann sichvor Reisen beraten lassen und vieles mehr."Hausapotheken" wurden besonders geschult,mussten ein Zertifikat erringen.
Pfuschen die Apotheker den Ärzten damitins Handwerk?
Die Apotheker sagen klar nein. MathiasArnold: "Der Beratungsbedarf ist mit der Gesundheitsreformgestiegen." Der Teil der Medikamente, dieder Arzt verschreibt, sei kleiner geworden.Alle nichtverschreibungspflichtigen Medikamentedürfe der Arzt auch nicht verschreiben. Erkönne lediglich etwas empfehlen. Die Verantwortungdes Verbrauchers werde größer. "Er muss entscheiden,was er in der Apotheke kauft. Damit steigenauch die Risiken", so Arnold. Und ein Apotheker,der einen Überblick darüber habe, was derPatient einnimmt, sei der beste Berater.
Die Ärzte sagen klar ja. Gerlinde Gerdes,Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen VereinigungSachsen-Anhalt (KV): "Apotheker werden diePatienten beraten, ohne ihren Gesamtzustandzu kennen." Und: "Selbst wenn der Apothekerfeststellt, dass Medikamente nicht zusammenpassen,weiß er nicht, aus welcher individuell konkretenSituation heraus das passiert ist." Ein Telefonatzwischen Arzt und Apotheker könne die Sacheklären.
Wie wollen die Ärzte sicherstellen, dassPatienten Arzneimittel ohne Risiken einnehmen?
Gerlinde Gerdes weist darauf hin, dassseit dem 1. April eine Medikations-Management-Vereinbarungzwischen KV und Barmer Ersatzkasse gibt. "DerPatient kann sich beim Hausarzt dafür einschreiben.Er erklärt sich damit einverstanden, dassdie Krankenkasse alles, was Ärzte in den letztenvier Quartalen verschrieben haben, dem Hausarztmitteilen." Denn nur sie kenne alle ärztlichenVerordnungen für einen Patienten. Der Hausarztkläre im Gespräch, was der Patient selbstgekauft hat und überprüfe, ob es Wechselwirkungengibt, ob eine Unter- oder Überversorgung vorliegt.Gerdes erwähnt in diesem Zusammenhang, dasses für nicht verschreibungspflichtige Medikamentedas "grüne Rezept" gibt - eine Arzt-Empfehlung,die das Risiko mindere, die die Selbstmedikationmit sich bringe.
Ab 1. Juli, so Gerdes weiter, gebe es dasManagement auch für Versicherte der Innungskrankenkasse.Zudem werde der Medikamenten-Check fast flächendeckendmit dem Hausarztmodell eingeführt.
