NDR-Satire NDR Satire "Extra 3" - gibt Recep Tyyio Erdogan der Lächerlichkeit preis

Berlin - Martin Erdmann hat in diesen Tagen keinen leichten Job. Zwei Mal schon musste der deutsche Botschafter in Ankara im Außenministerium vorsprechen, weil sich der reizbare türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan über eine deutsche Satire aufgeregt hatte. So etwas haut Erdmann, einen stämmigen Westfalen mit Leidenschaft fürs Motorradfahren, nicht um. Geduldig versuchte der Diplomat, die Grundwerte der Meinungs- und Pressefreiheit zu erklären. Trotzdem dürfte der 61-Jährige auf eine dritte Vorladung nicht allzu scharf sein.
Wenn die türkische Obrigkeit den politischen Verstand nicht völlig verloren hat, sollte Erdmann ein weiterer Rüffel erspart bleiben. Denn das NDR-Satiremagazin „Extra 3“ genoss in der ersten Sendung nach dem Eklat seinen unglaublichen Erfolg eher still. Orientalische Musik begrüßte die Zuschauer am späten Mittwochabend in der ARD, dazu aus dem Off eine Begrüßung auf Türkisch: „Willkommen zu Extra 3, der Lieblings-Sendung von Präsident Erdogan!“ Das war gut mit dem Florett eröffnet, und auch in den folgenden sechs Minuten bediente sich Moderator Christian Ehring – vorgeblich bemüht, den Konflikt beizulegen – vor allem der feinen, bösen Ironie, um Erdogans autokratisches Gehabe der Lächerlichkeit preiszugeben.
„Größter Komiker seines Landes“
„Wir haben den türkischen Botschafter in die Sendung einbestellt. Er ist nicht erschienen. Die Situation droht zu eskalieren“, spielte Ehring auf das absurde Missverhältnis zwischen den Möglichkeiten einer kleinen Satiresendung und eines mächtigen Staatschefs hin, den er den „größten Komiker seines Landes“ nannte.
Der kleine Gartenzwerg neben dem vermeidlich huldvollen Porträtfoto des Herrschers vom Bosporus in der Studio-Dekoration dürfte Erdogan auch nicht gefallen haben. Da klang der Hinweis, dass der Präsident deutsches Fernsehen schaue, ohne GEZ-Gebühren zu zahlen, noch harmlos.
Richtig wurmen müsste die PR-Strategen des Staatschefs (falls er solche hat, was man nach den letzten Tagen eigentlich kaum glauben kann) freilich die von Ehring genüsslich beschriebene paradoxe Wirkung des Satire-Spots. Dort wird Erdogan vorgeworfen, er missachte die Pressefreiheit – „und er reagiert darauf, indem er die Pressefreiheit einschränkt“. Folgerichtig ernannte Ehring den Präsidenten zum Mitarbeiter des Monats: „Die Zusammenarbeit hat wunderbar geklappt“.
Vor allem hat die Intervention von Ankara die tatsächlich ziemlich lustige Videomontage „Erdowie, Erdowo, Erdogan“ (gesprochen: Erdowahn) erst weltweit bekannt gemacht. Gerade einmal 50.000 Zugriffe verzeichnete Youtube am Ostermontag, zehn Tage nach der Erstsendung. Der Clip drohte im digitalen Meer komplett abzusaufen. Dann kam Erdogan. Das Netz lief heiß. Selbst die New York Times berichtete. Und inzwischen haben mehr als vier Millionen Menschen den englisch und türkisch untertitelten Satire-Song gesehen. Tendenz steigend.
Auch Merkel kriegt ihr Fett weg
Doch auch die Bundeskanzlerin bekam bei „Extra 3“ ihr Fett ab. Schon in dem Video sieht man sie wenig vorteilhaft beim Händeschütteln mit Erdogan, während der Liedtext rät: „Sei schön charmant, denn er hat Dich in der Hand!“ Tatsächlich brauchte das Kanzleramt mehrere Tage, bis es sich öffentlich zum selbstverständlichen Grundrecht auf Meinungsfreiheit bekannte. Ehring riet Erdogan: „Wenn Sie Kritik hören wollen, dann gucken Sie Extra 3. Wenn Sie keine Kritik hören wollen, dann treffen Sie die Bundeskanzlerin.“ Mit dem Angebot, für jeden Gag, den ein türkischer Satiriker machen darf, einen Gag aus der deutschen Satire zurückzunehmen, spießte Ehring zudem Merkels Türkei-Deal zur Begrenzung des Flüchtlingsstroms ziemlich treffend auf.
Das ist nicht schön für die Kanzlerin. Eine Intervention der Regierungschefin wird es trotzdem nicht geben. Deutsche Politiker sind es gewohnt, in der Öffentlichkeit kritisiert und auch veralbert zu werden. Wenn sie gut sind, lassen sie es - wie Merkel - einfach abprallen. Ihren Umfragewerten schadet es auf Dauer nicht. Darüber könnte Recep Erdogan einmal nachdenken, wenn er sich mit seinen Zensoren diese Ausgabe von „Extra 3“ anschaut.