Nach Schießbefehl-Fund Nach Schießbefehl-Fund: DDR-Experte Besier nimmt Birthler-Behörde in Schutz
Berlin/dpa. - Vor allem im konservativenLager gebe es das Ziel, die Behörde «sturmreif» zu schießen, um sieauflösen und die Zuständigkeit für die Stasi-Unterlagen insBundesarchiv verlagern zu können, sagte der evangelische Theologe undGeschichtswissenschaftler am Dienstag in einem Gespräch mit derDeutschen Presse-Agentur dpa. Er selbst plädierte für eine«Abwicklung in Würden» in einigen Jahren.
Als «Monument für den Freiheitswillen der DDR-Bürgerrechtler» habedie Behörde unter Leitung von Marianne Birthler immer noch eine hohesymbolische Bedeutung, sagte Besier. «Die harten Schläge unter dieGürtellinie haben das Ziel, diese moralische Legitimation abzubauen.»Deshalb müsse deutlich gemacht werden, dass die Behörde wichtigeArbeit geleistet habe. Allerdings gebe es auch «keine gutenBegründungen, sie über die nächste Legislaturperiode hinaus in dieserForm weiter bestehen zu lassen».
Grundsätzlich stellte Besier ein geringer werdendes Interesse ander Aufarbeitung der DDR-Geschichte fest. «Die Opfer des SED-Regimeskränkt, dass sich die Experten nicht in der Intensität mit der DDRbefassen, mit der man sich weltweit mit dem Dritten Reichbeschäftigt», sagte der Historiker. «Die DDR besitzt längst nichtdiese dramatische Langzeitwirkung, die das NS-Regime besessen hat.»Allerdings müsse zwischen beiden Diktaturen auch unterschiedenwerden.
Zugleich stellte er die neue Debatte über die Aufarbeitung derDDR-Vergangenheit in einen Zusammenhang mit den jüngstenVeränderungen in der Parteienlandschaft. Es gebe derzeit inDeutschland eine «deutliche Wendung hin zu einer "linkeren"Sozialstaatspolitik». «Dies bedingt auch, dass der Realsozialismusaus dieser Perspektive zunehmend verblasst.» Besier ist Professor fürTotalitarismusforschung an der Technischen Universität Dresden. Zuseinen wichtigsten Werken gehört «Der SED-Staat und die Kirche».