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Nach Panne in Kernkraftwerken Nach Panne in Kernkraftwerken: Vattenfall gewährt Einblick in ausgebrannten Trafo des AKW Krümmel

Von Michael Best 27.07.2007, 11:35
Ein Journalist schaut am Freitag (27.07.07) auf dem Gelände des Kernkraftwerkes Krümmel in Geesthacht in einen ausgebrannten Transformator. (Foto: ddp)
Ein Journalist schaut am Freitag (27.07.07) auf dem Gelände des Kernkraftwerkes Krümmel in Geesthacht in einen ausgebrannten Transformator. (Foto: ddp) ddp

Geesthacht/ddp. - Beißender Gestank liegt in der Luft.Rußgeschwärzt und mit von der Hitze verbogenem Rahmen steht derausgebrannte Transformator vor dem von den Flammen gezeichnetenTrafohaus. An den Kupferwindungen im Innern klebt verkohlteIsolierung. Einen Monat nach dem Störfall im schleswig-holsteinischenAtomkraftwerk Krümmel gewährt Betreiber Vattenfall am FreitagMedienvertretern erstmals Zutritt zur Brandstelle.

Nach Wochen der Kritik will Vattenfall verlorenes Vertrauen durchdie Präsentation eines «gläsernen Kraftwerks» zurückgewinnen. Für denGreenpeace-Energieexperten Heinz Smital ist dies "eine reinePR-Maßnahme».

Der 430 Tonnen schwere Trafo wird seit einer Woche in seineEinzelteile zerlegt und von der Reaktoraufsichtsbehörde,Versicherungen sowie vom Betreiber untersucht, wie BereichsleiterHeiner Sengstake erläutert. Die große Hitze, mit der Pappe,Isolierungen aus ölgetränktem Papier und 70 Tonnen ausgelaufenes Ölin Flammen aufgingen, macht die Ursachenforschung aufwendig. «Ob wirdie genaue Ursache überhaupt jemals klären werden, lässt sich jetztnoch gar nicht sagen», räumt Sengstake ein und wirkt dabei hilflos.

Auch zu einer möglichen Vorschädigung lasse sich noch nichtssagen. Der Schaden sei im Trafoinnern entstanden «und nicht imAußenbereich, dass man hätte etwas erkennen können». Die Atomanlagesei so ausgelegt, dass ein Trafobrand die Sicherheit nicht gefährde.So gebe es «definitiv» keine Kabelverbindung zu dem etwa 60 Meterentfernten Reaktorgebäude. «Sie können davon ausgehen, dass für dieAnlage nie die Frage der Sicherheit gestanden hat. Es ist ja auchnicht so, dass wir jetzt Angst hätten», versichert Sengstake.

Der Trafo ist so alt wie das AKW Krümmel: Der Siedewasserreaktoram Elbufer ging 1983 in Betrieb. Sengstake hat ihn mitgebaut. «Trafoswie dieser haben eine Lebensdauer von 40 Jahren und mehr, und wennsie richtig betrieben sind, halten sie ein Leben lang», sagt derTechniker.

Vorsichtig wird Sengstake dann bei der Frage, für wie sicher erdas AKW Krümmel insgesamt halte. «Muss ich das jetzt sagen?», wendeter sich Hilfe suchend an Vattenfall-Sprecher Ivo Banek. «Müssen Sienicht», antwortet dieser. Und so verweist Sengstake auf Berechnungenzu anderen Atommeilern, die diesen mögliche Laufzeiten von bis zu 60Jahren bescheinigen. Das hieße noch 36 Jahre für Krümmel. «Technischwürde ich das für möglich halten, aber politisch sage ich dazunichts.»

Auch im Trainingssimulator mit der nachgebildeten Steuerwarte derReaktorzentrale erhalten die Medienvertreter ausweichende Antworten.«Ich werde keine Äußerungen zum Ereignis selbst machen, das ist sovereinbart», sagt Ausbildungsleiter Joachim Thurm. Neben ihm im Regalstehen die 27 Ordner des aktuellen Betriebshandbuchs mit zigtausendenSeiten Anleitung für den Reaktorbetrieb. Dass sie offenbar lückenhaftsind, hat der Störfall am 28. Juni gezeigt, als der Reaktorfahrer denReaktordruck ohne nochmalige Rücksprache mit dem Schichtleiterschneller als nötig abgesenkt hatte.

Dieser Fall werde zwar trainiert, sagt Sprecher Banek, einekonkrete Anweisung im Handbuch gebe es aber bislang nicht. «Übrigensein Problem aller Betreiber.» Besagter Reaktorfahrer ist derzeit nochbeurlaubt. «Denn erst müssen wir die Frage klären: War das nur einMissverständnis, weil er eigentlich doch richtig gehandelt hat, oderwirklich ein Fehler?».

Entsprechend zurückhaltend sind vorerst auch die Mitglieder desseit Freitag von Vattenfall eingesetzten und mit fünf Millionen Euroausgestatteten Expertengremiums. Die meisten von ihnen sindAtomspezialisten wie der Münchener Reaktorexperte Adolf Birkhofer. Erhält die momentane Diskussion über die Laufzeiten deutscher AKW für«überhitzt, weil sie von der eigentlichen Frage eher ablenkt, wastatsächlich passiert ist». Aber die Pannenserie in den AKW «hat michschon überrascht, ja», gesteht er und verschwindet.

Eine Tafel bildet am Freitag (27.07.07) im Simulator auf dem Gelände des Kernkraftwerkes Krümmel in Geesthacht den Verlauf einer Kühlung eines Reaktors ab. Im Kernkraftwerk Kruemmel hat am Freitag eine vom Betreiber (Foto: ddp)
Eine Tafel bildet am Freitag (27.07.07) im Simulator auf dem Gelände des Kernkraftwerkes Krümmel in Geesthacht den Verlauf einer Kühlung eines Reaktors ab. Im Kernkraftwerk Kruemmel hat am Freitag eine vom Betreiber (Foto: ddp)
ddp