Nach Integrationsgipfel Nach Integrationsgipfel: Weiter Streit über Einwanderungspolitik
Berlin/dpa. - Nach dem Integrationsgipfel streiten Union und SPDweiter über Ziele und Wege der Eingliederungspolitik in Deutschland.Führende Unionspolitiker forderten Sanktionen für Ausländer, die etwa auferlegte Sprachkurse nicht besuchen. Die SPD warnte vor einer zurestriktiven Haltung und lehnte Forderungen aus der Union strikt ab,dass sich Einbürgerungswillige zur «deutschen Schicksalsgemeinschaft»bekennen sollten. Im Innenministerium gibt es derweil laut einem«Spiegel»-Bericht Überlegungen für ein verschärftes Ausländerrecht.
«Mir fehlt das klare Bekenntnis zu Sanktionen», sagte derinnenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Hans-Peter Uhl (CSU) dem«Tagesspiegel am Sonntag» mit Blick auf den Integrationsgipfel amvergangenen Freitag im Kanzleramt. «Der Ausländer ist kein bessererMensch als der Deutsche.» Sofern er sich der Integration verweigere,müssten Sanktionen folgen. So könnten Sozialleistungen gekürzt odereine «Verfestigung des Aufenthaltsstatus» verhindert werden.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der «FrankfurterAllgemeinen Sonntagszeitung»: «Wer Deutscher werden will, muss sichauch zur deutschen Schicksalsgemeinschaft und damit zur deutschenGeschichte bekennen. Zudem muss er die deutsche Leitkulturakzeptieren.» Zur deutschen Schicksalsgemeinschaft gehöre dasbesondere Verhältnis zu Israel.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil wies die Äußerungen Kauderszurück. Die Forderung sei in der Sache schleierhaft und für eine guteIntegrationspolitik «vollständig ungeeignet», sagte er der dpa. Esgebe nur ein Wertefundament, zu dem sich alle Menschen bekennenmüssten, die in Deutschland zusammenlebten, und das sei die Werte-und Rechtsordnung des Grundgesetzes. «Das moderne Deutschland vonheute kann mit Begriffen wie Schicksalsgemeinschaft nichts anfangen.»
«Der Spiegel» berichtete unter Berufung auf einen internenPrüfbericht im Innenministerium, es werde erwogen, dass etwaDeutsche, die von Sozialhilfe lebten, keine ausländischen Ehepartnermehr ins Land holen könnten. Zudem sollten Ehen zwischen Deutschenund Ausländern deutlich länger als die bisher vorgesehenen zwei Jahrehalten müssen, bevor der ausländische Partner nach einer Scheidungein eigenes Aufenthaltsrecht erhält. Die Heraufsetzung der Fristsolle Scheinehen verhindern.
Ein Ministeriumssprecher sagte, es handele sich um einenErfahrungsbericht zum Zuwanderungsgesetz, das seit Anfang 2005 inKraft ist. Dazu hätten in den vergangenen Monaten Praktiker von Bund,Ländern und Gemeinden sowie Verbänden und OrganisationenStellungnahmen abgegeben. Diese enthielten auch Vorschläge für eineVerschärfung des Gesetzes. «Weitere Schritte müssen nun aufpolitischer Ebene diskutiert werden», sagte der Sprecher der dpa.
Grünen-Chefin Claudia Roth bezeichnete die Überlegungen in der«Welt am Sonntag» als «inhuman und verfassungsrechtlich mehr alsbedenklich». Sie warnte vor einer Schlechterstellung vonSozialhilfeempfängern mit ausländischem Ehepartner. «Der Schutz desGrundgesetzes für Ehe und Familie gilt auch fürSozialhilfeempfänger.» Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigemit diesen Plänen das wahre Gesicht der Union. «Herrn Schäuble müsstedas Kruzifix von der Bürowand fallen.»
Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU),hält die Debatte über zusätzliche Sanktionen für überflüssig: «Schonheute gibt es die Möglichkeit, Hartz IV zu kürzen. Das gilt etwa,wenn einem arbeitslosen Ausländer ein Arbeitsplatz angeboten wird,für den Deutschkenntnisse notwendig sind, er aber nicht bereit ist,einen Deutschkurs zu besuchen», sagte sie der «Welt am Sonntag».Außerdem verweigere «nur ein kleiner Kreis von Ausländern dieIntegration».