Nach Fallschirm-Absturz Nach Fallschirm-Absturz: FDP-Spitze will keinen Staatsakt für Möllemann

Berlin/Münster/dpa. - Der frühere FDP-Spitzenpolitiker Jürgen Möllemann wird aller Voraussicht nach nicht mit einem offiziellen Staatsakt geehrt. Die FDP-Spitze in Berlin werde dazu keine Initiative ergreifen, sagte ein Parteisprecher am Dienstag. Die Bundesregierung sieht dazu ihrerseits ebenfalls keinen Anlass. Möllemann war von 1987 bis 1993 Regierungsmitglied, zuletzt Vize-Kanzler. Der ehemalige stellvertretende FDP-Vorsitzende war im März nach mehr als 30-jähriger Mitgliedschaft im Streit aus seiner Partei ausgetreten.
Die Witwe und die drei Töchter Möllemanns fragten in ihrer am Dienstag erschienenen Todesanzeige nach Rechenschaft von denjenigen, «die auf niederträchtige Weise versucht haben, sowohl den Menschen Jürgen W. Möllemann wie auch sein politisches Lebenswerk zu zerstören». Mehrere Beileidsbriefe von FDP-Führungsmitgliedern hatte Carola Möllemann-Appelhoff nach Angaben von Vertrauten ungeöffnet zurückgehen lassen. Möllemann soll am Freitag im engsten Familien- und Freundeskreis in Münster beigesetzt werden. Zuvor hat die Öffentlichkeit Gelegenheit, in einer Kapelle Abschied zu nehmen.
Für die Bundes-FDP hatten Parteichef Guido Westerwelle und der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt eine Traueranzeige in Münsteraner Zeitungen geschaltet und Betroffenheit über den Tod Möllemanns geäußert. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) würdigte den Ex-Liberalen in einer Anzeige der Bundesregierung als «einen engagierten und markanten Politiker, der mit seinem politischen Naturtalent viel bewegt und geleistet hat».
Der persönliche Mitarbeiter Möllemanns und frühere FDP-NRW- Landesgeschäftsführer, Hans-Joachim Kuhl, schloss sich dem Tenor der Familien-Anzeige an. «Der Text der Traueranzeige trifft voll den Kern. Das hat ihn sehr mitgenommen, wie manche mit ihm umgegangen sind», sagte Kuhl am Dienstag der dpa in Düsseldorf. Kuhl leitete zuletzt Möllemanns Büro im Düsseldorfer Landtag. Er ist mitverdächtig in der Finanzaffäre. Anzeichen einer Depression oder Lebensmüdigkeit habe es bei Möllemann nicht gegeben: «Wir hatten täglich Kontakt. Ich sehe ihn heute noch, wie er sagte: "Kämpfe, Jürgen, kämpfe."»
Unterdessen kündigte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf an, in der Finanz- und Spendenaffäre um Möllemanns umstrittenes Wahlkampf- Flugblatt mit Kritik an Israels Regierung auch nach seinem Tod weiter zu ermitteln. «Wir sind weiter brennend daran interessiert, woher das Geld gekommen ist und wie die Geldflüsse gewesen sind», sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Um die Rolle der fünf anderen Beschuldigten zu klären, müsse auch die Rolle und mögliche Schuld Möllemanns geklärt werden.
Gegen Möllemann wurde unter anderem wegen Verstoßes gegen das Parteiengesetz sowie Betrugs und Untreue ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf leitete Ermittlungsverfahren ein, nachdem sich FDP-Politiker bei der Frage nach der Herkunft der 840 000 Euro für die Wahlkampf-Aktion in Widersprüche verstrickt hatten. Die Staatsanwaltschaft Münster hatte nach der Todesnachricht am Donnerstag Ermittlungen gegen Möllemann wegen Steuerhinterziehung eingestellt. Dies bedeute jedoch nicht zwangsläufig, dass eventuelle Forderungen des Finanzamtes an die Erben damit vom Tisch seien.
Möllemann war am Donnerstag bei einem Fallschirmsprung abgestürzt, nachdem sich aus noch ungeklärter Ursache sein Hauptschirm gelöst und der Reserveschirm sich nicht geöffnet hatte. Zeugenaussagen und erste Untersuchungen am Fallschirm deuten auf einen Freitod hin.


