Nach der Maut-Kündigung Nach der Maut-Kündigung: Toll Collect will verbessertes Angebot machen

Berlin/dpa. - Das Konsortium Toll Collect wird dem Bundesverkehrsministerium nach einem Bericht der «Welt am Sonntag» in den nächsten Tagen eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über das satellitengestützte Mautsystem für Lkw vorschlagen.
Nach Informationen der Zeitung will das aus DaimlerChrysler, der Telekom und dem Autobahnbetreiber Cofiroute bestehende Konsortium ein deutlich nachgebessertes Angebot einbringen. Wie das Blatt aus DaimlerChrysler-Kreisen erfuhr, denke man jetzt an eine Haftungsobergrenze von bis zu 1,1 Milliarden Euro jährlich. Auch eine ursprünglich verlangte Ausstiegsklausel, die bei Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) das Fass zum Überlaufen gebracht hatte, soll wegfallen oder allenfalls eine wesentlich spätere mögliche Trennung vorsehen.
Daimler-Kreise weisen laut Wams unterdessen daraufhin, dass anders als die Haftungsproblematik der von Toll Collect vorgelegte Zwei- Stufen-Plan zur Einführung der Maut nicht umstritten und bereits vom Bundesamt für Güterverkehr (BAG) als realistisch eingestuft worden sei. Danach startet zunächst ein abgespecktes, aber voll funktionsfähiges Mautsystem Anfang 2005. Die Kreise hätten bestätigt, dass mit Siemens über eine Beteiligung am Konsortium verhandelt werde.
Die «Augsburger Allgemeine» verweist auf ein Schreiben Stolpes an den Verkehrsausschuss-Vorsitzenden im Bundestag, Eduard Oswald (CSU), in dem das Ministerium auflistet, welche Forderungen Toll Collect erfüllen müsse. Danach erwarte der Bund vom Maut-Konsortium, sich zu deutlich höheren Vertragsstrafen bereit zu erklären. Damit müsse Toll Collect Vertrauen in die technische Funktionsfähigkeit zum Ausdruck bringen.
Unbehelligt vom Streit um den Betreibervertrag laufen die technischen Vorbereitungen für das Mautsystem weiter. Hans-Burghardt Ziermann, Geschäftsführer der Toll Collect GmbH sagte der WamS: «Die Arbeit an dem Projekt geht weiter. Weil wir von einer Einigung des Konsortiums mit Minister Stolpe ausgehen, wäre jede Verzögerung fatal.»
Der «Berliner Zeitung» sagte ein Sprecher von Toll Collect: «Das System ist in seiner Gesamtheit entwickelt, derzeit laufen die Tests, und mit denen sind wir sehr zufrieden.» Der Sprecher fügte hinzu: «Wir fühlen uns verpflichtet, weiterhin so zu arbeiten, dass die Maut Anfang 2005 in einer ersten Stufe starten kann.»
CDU-Chefin Angela Merkel äußerte sich zu einem möglichen Maut- Untersuchungsausschuss zurückhaltend. «Die Entscheidung werden wir nach sorgfältiger Prüfung in der nächsten Sitzungswoche treffen», sagte sie der «Bild am Sonntag». «Ich bin derzeit noch zurückhaltend, denn an sich liegen die Gründe für das Scheitern des Projekts ja auf der Hand.»
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sagte dem ARD- Hauptstadtstudio im «Bericht aus Berlin»: «Ich setze immer noch darauf, auch durch viele Gespräche, die viele führen, ich setze immer noch darauf, dass wir die besten deutschen Unternehmen, jedenfalls die größten deutschen, die international bekanntesten Unternehmen dafür sorgen, dass das doch noch gelingt.»
Dirk Fischer, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion schrieb in einem Gastkommentar der Zeitung «Nordkurier» (Neubrandenburg/Mecklenburg-Vorpommern): «Es bleibt im Sinne der Verkehrsteilnehmer und des Standorts Deutschland zu hoffen, dass Toll Collect die zweimonatige Frist nach der Vertragskündigung durch das Verkehrsministerium nutzt, um noch ein deutlich verbessertes Angebot vorzulegen.» Eine erneute Ausschreibung und Vergabe des Auftrages bedeute weiteres Aufschieben der Maut- Einführung und Verzicht auf dringend nötige Einnahmen und damit auf Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur.
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle sagte der «Bild am Sonntag» die Regierung und die Vertreter der Industrie hätten sich «bis auf die Knochen blamiert...Die hochbezahlten Manager haben unhaltbare Versprechen gemacht. droht zur internationalen Lachplatte zu verkommen.»
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Albert Schmidt, sagte dem TV-Sender XXP: «Das Bundesamt für Güterverkehr war noch in der vergangenen Woche im Verkehrsministerium und hat dargestellt, dass von Toll Collect bestimmte Erfolgsschritte gemeldet wurden mit Unterschrift von leibhaftigen Vorständen. Erfolgsschritte, bei denen sich hinterher herausstellte, die gab es gar nicht. So etwas nenne ich Täuschung, wenn nicht Betrug.»
