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Nach der Länderspiel-Absage Nach der Länderspiel-Absage: Thomas de Maizière bittet um Verständnis für seine Aussagen

Von Markus Decker 18.11.2015, 16:09
Das vergangene Jahr barg einige Stolperfallen für Bundesinnenminister Thomas de Maizière.
Das vergangene Jahr barg einige Stolperfallen für Bundesinnenminister Thomas de Maizière. dpa Lizenz

Berlin - Am Ende ist wenig passiert in Hannover – außer dass ein Fußballspiel ausfiel. Es gab keinen Anschlag und keinen Sprengstoff. Nur eines ist passiert: Ein kommunikativer Unfall des Bundesinnenministers. Thomas de Maizière sagte, er bitte um Verständnis, dass er zu den Hintergründen der Absage des Spiels Deutschland gegen die Niederlande nichts sagen könne – denn: „Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.“ Mehr Verunsicherung kann man in einem Satz nicht schaffen.

Am Mittwoch bat de Maizière um Verständnis dafür, dass er die Quelle für den Hinweis auf einen möglichen Anschlag am Vorabend in Hannover nicht preisgeben wolle. „Wir können nicht jeden Hinweis dieser Art in der Öffentlichkeit diskutieren“, sagte er bei einer Tagung des Bundeskriminalamts (BKA) in Mainz.

Keinen Bogen zur Flüchtlingsdebatte schlagen

Anfang Oktober klagte der Minister über Flüchtlinge. „Sie gehen aus Einrichtungen raus, sie bestellen sich ein Taxi, haben erstaunlicherweise das Geld, um Hunderte von Kilometern durch Deutschland zu fahren. Sie streiken, weil ihnen die Unterkunft nicht gefällt, sie machen Ärger, weil ihnen das Essen nicht gefällt, sie prügeln in Asylbewerbereinrichtungen."

Bald darauf ruderte „Der Wutbürger“ (Die Zeit) zurück und warnte vor einem Generalverdacht.

Am Samstag bat de Maizière dann bei einer Pressekonferenz darum, keinen Bogen von Paris zur Flüchtlingsdebatte zu schlagen. In einem Fernsehinterview wenige Stunden später relativierte er erneut, natürlich könne es sein, dass sich als Flüchtlinge getarnte Terroristen hier einschlichen.

Bereits zu Jahresbeginn löste der CDU-Politiker Unmut aus, weil er die Gewährung von Kirchenasyl mit der Begründung ablehnte, auch die Scharia stehe nicht über deutschen Gesetzen. Zwei Jahre zuvor, da war de Maizière noch Verteidigungsminister, geschah Ähnliches. Seinerzeit kritisierte er, die Soldaten seien süchtig nach Anerkennung.

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De Maizière scheint überfordert

Der Minister schlägt jede Menge Haken. Selten sieht er dabei gut aus. Einerseits spiegelt sich in den Äußerungen de Maizières Persönlichkeit. Jammerer und Leute, die sich nicht an Regeln halten, mag er nicht. Der 61-Jährige ist in einem soldatisch geprägten Haushalt aufgewachsen. Das prägt. Zuweilen kommt aber auch der Christenmensch durch. In solchen Momenten sagt de Maizière wie am Samstag angesichts der vielen Toten von Paris, wer möge, könne beten. „Ich tue es.“

Der Rest ist Überforderung. So begann das Jahr für den Minister mit den Anschlägen auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“. Damals erließ er ein Betätigungsverbot für den Islamischen Staat. Derweil begann die Flüchtlingskrise mit zunehmend rechtsextremistischen Ausschreitungen, in deren Verlauf Kanzlerin Angela Merkel ihm die Zuständigkeit teilweise entriss.

Bundesinnenminister unter Druck

Fast schien de Maizière weg vom Fenster. Doch auf einmal war der Jurist, der das Prinzip von Befehl und Gehorsam tief verinnerlicht hat, wieder oben auf, weil er dieses Prinzip auf die Kanzlerin nicht mehr anwendet und die Mehrheit der Union ihn stützt. Nun endet das Jahr, wie es begonnen hat: mit Anschlägen in Paris. Der Minister steht abermals unter Druck.

Wie volatil die Lage ist, zeigte der Dienstag. Da gab es die Festnahmen in Alsdorf bei Aachen, verbunden mit der von de Maizière artikulierten Hoffnung, einen „richtig dicken Fisch“ gefangen zu haben. Anschließend stand die Terrorwarnung im Raum. Es folgten ein abgesagtes Hintergrundgespräch in Berlin, eine erste Pressekonferenz am selben Ort und schließlich eine zweite in Hannover, bei der der Minister überraschend gelöst wirkte.

Allein den Satz mit der Verunsicherung, den holt er nicht mehr zurück. So mahnte der grüne Innenexperte Konstantin von Notz, ein Innenminister müsse „klare Ansagen machen“ und dürfe „nicht diffus über Bedrohungen orakeln“. Er ist nicht der einzige, der so denkt.