Nach DDR-Vorbild Nach DDR-Vorbild: Grüne wollen Gesundheitswesen auf dem Land reformieren

Berlin - Die Grünen fordern eine Reform der Gesundheitsversorgung in den ländlichen Regionen, die sich am Vorbild des DDR-Gesundheitswesens orientiert. Aus ideologischen Gründen und wirtschaftlichen Interessen seien nach 1990 in den neuen Ländern kooperative Angebote wie Landambulanzen und Polikliniken eingestampft und die Gemeindeschwestern abgeschafft worden, wird in einem Strategiepapier mehrerer Gesundheitsexperten aus verschiedenen Bundesländern und dem Bundestag kritisiert.
Es liegt dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vor. „Es ist keine Nostalgie zu sagen, dass der Westen sich zumindest in diesen Fragen etwas vom Osten hätte abschauen können“, so die Autoren. „ Denn ohne kooperative Versorgungsformen und eine geänderte Aufgabenteilung zwischen den Berufen in unserem Gesundheitswesen ist der demographische Wandel mit einem wachsenden Anteil älterer Patientinnen und Patienten nicht zu bewältigen.“
Die klassische Einzelpraxis sei keine hinreichende Antwort auf die Zunahme chronischer Erkrankungen und im Übrigen auch nicht mehr attraktiv für junge Mediziner, die sich mehr Flexibilität wünschten.
Mehr Kooperation und Vernetzung
Derzeit werde die fachübergreifende Zusammenarbeit im Gesundheitswesen behindert und der ausschließliche Blick auf die jeweils eigenen wirtschaftlichen Interessen gefördert, beklagen die Autoren aus Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Baden-Württemberg. Belohnt werde die möglichst zahlreiche Erbringung von Leistungen, aber gerade nicht der gemeinsame Einsatz aller Beteiligten für den Erhalt oder die Wiederherstellung der Gesundheit der Patienten.
Zudem werde Pflegekräften und anderen Gesundheitsberufen – anders als zum Beispiel in Großbritannien, Dänemark oder Schweden - nur eine eher randständige Rolle zugebilligt. „Nötig ist ein echter Aufbruch mit wirksamen Schritten für mehr Zusammenarbeit und Vernetzung, für eine neue Aufgabenteilung zwischen den Gesundheitsberufen und für eine Ökonomie, die dem Ganzen und nicht nur dem Einzelnen dient“, fordern die Grünen-Politiker.
„Qualität statt Quantität“
Konkret wird vorgeschlagen, vor Ort sogenannte Gesundheitsregionen aufzubauen, in denen Ärztenetze, Kliniken, Krankenkassen, Pflegezentren und Apotheken gemeinsam die medizinische Versorgung organisieren. Um einen Anreiz für entsprechende Verträge zu setzen, sollen die Kassen für Versicherte in dieser Region höhere Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds bekommen.
Ziel sei, dass 2025 zehn Prozent der Versicherten in derartigen Regionen versorgt würden. „Damit würde ein starkes Signal gesetzt werden, dass Gesundheitsregionen, Vernetzung und Kooperation Vorfahrt in unserem Gesundheitswesen bekommen.“ Bei der Vergütung müsse künftig „Qualität statt Quantität“ belohnt werden, also insbesondere der Einsatz für Gesundheitsförderung und Prävention.
Mehr Verantwortung für Pflegekräfte
Zudem müssten Pflegekräfte mehr Verantwortung bekommen. „Schon die Ausbildung der Gesundheitsberufe muss darauf angelegt sein, Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen den verschiedenen Gesundheitsfachberufen wie Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften, Hebammen, Apothekerinnen und Apothekern sowie therapeutischen Berufen zu befördern.“
Eine bessere medizinische Versorgung in den ländlichen Regionen insbesondere in Ostdeutschland sei überfällig. Andernfalls würden in der Bevölkerung Gefühle von Vernachlässigung, Benachteiligung und mangelnder Absicherung gefördert. „ Solche Empfindungen sind Nährboden für einen Populismus, der die Demokratie in diesen Regionen fundamental bedroht“, warnen die Gesundheitspolitiker der Grünen in ihrem Papier.