Nach Anschlägen in Spanien Nach Anschlägen in Spanien: Keine Terrorspur nach Deutschland

Karlsruhe/Berlin/ddp. - Entgegen erster Befürchtungen sind die Anschlägen von Madrid nicht Deutschland geplant worden. Generalbundesanwalt Kay Nehm teilte am Freitag mit, nach bisherigen Ermittlungen könne eine Vorbereitung der Terrorakte «von Deutschland aus nicht bestätigt werden». Die Union bekräftigte derweil ihre Forderung nach schärferen Anti-Terror-Maßnahmen. Eine Verschärfung der Abschieberegelung für extremistische Ausländer wird im Bundesinnenministerium bereits erarbeitet.
Aus deutschen Sicherheitskreisen erfuhr ddp, dass die angebliche Verwicklung des Marokkaners in den Madrider Anschlag vom 11. März «noch völlig unklar ist». Nach Angaben von Nehm war der Mann zwar seit Oktober 2003 in Darmstadt polizeilich gemeldet, er habe sich aber nach bisherigem Erkenntnisstand im Herbst 2003 nur «wenige Tage» in Deutschland aufgehalten.
Auch konnte bislang nicht bestätigt werden, dass der Mann ein Elektrotechnikstudium in Darmstadt aufgenommen habe. Eine Parallele zur Hamburger Studentengruppe um die Todespiloten vom 11. September 2001 in den USA sei daher nicht gegeben, betonte Nehms Sprecher Horst Salzmann.
Nehm hatte im Zusammenhang mit den Anschlägen von Madrid gegen den 28-jährigen Marokkaner wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung ermittelt. Der Generalbundesanwalt bestätigte, dass am Donnerstagabend die Wohnung durchsucht wurde, für die der Beschuldigte gemeldet sei.
«Waffen wurden nicht gefunden», sagte Salzmann. Die sichergestellten Gegenstände, darunter ein Computer und schriftliche Unterlagen, würden derzeit ausgewertet. Nach ARD-Informationen gab es jedoch keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund.
Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) fordert indes die Bundesregierung zu Konsequenzen aus den Hinweisen auf eine mögliche neue «Terrorspur» nach Deutschland auf. Der CSU-Chef kritisierte, die Bundesrepublik gehe mit Terrorzellen «viel zu lasch um». Jetzt sei Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) gefordert, «eindeutige und klare Rechtsgrundlagen» für die Ausweisung gewaltbereiter Extremisten auf den Verhandlungstisch zu legen. Diese seien die Voraussetzung für eine Zustimmung der CSU zur Neuregelung des Ausländerrechts.
Solche verschärften Neuregelungen sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums bereits in Vorbereitung. So sollen künftig Personen, die eine Gefahr für die Sicherheit des Landes darstellen, ausgewiesen werden, sagte Ministeriumssprecher Rainer Lingenthal. Bei Personen mit extremistischem Hintergrund, die wegen humanitärer Verpflichtungen nicht in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden können, sollen enge Meldeauflagen den Aktionsradius einschränken. Offen ist den Angaben zufolge nur, ob diese Verschärfung bereits im laufenden Vermittlungsverfahren zum Zuwanderungsgesetz oder in einem eigenen Gesetzgebungsverfahren kommen werden.
FDP-Chef Guido Westerwelle warnte unterdessen vor einem gesetzgeberischem Aktionismus. «Wir haben kein Gesetzesdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit», sagte er unter Hinweis auf einen bundesweiten Abbau von rund 11 000 Polizeistellen in den vergangenen fünf Jahren. «Man kann die schärfsten Gesetze haben, sie nützen nichts, wenn man nicht die Polizisten hat sie umzusetzen», fügte der FDP-Chef hinzu.

