Nach Anschlägen in Paris Nach Anschlägen in Paris: Pierre Vogel ruft seine Anhänger zur Gewaltlosigkeit auf

Berlin - Pierre Vogel machte sich gleich am Samstag an die Arbeit. Angeblich gegen 1 Uhr nachts und damit wenige Stunden nach den Attentaten von Paris gab er eine Erklärung ab und lud sie als Videobotschaft bei Youtube hoch. Darin distanziert sich Deutschlands bekanntester salafistischer Prediger von den Terroranschlägen und sagt: „Bisher ist noch nicht klar, wer dafür verantwortlich ist.“ Dann fährt der 1978 in Frechen bei Köln geborene Rheinländer, der als Abu Hamza auftritt, fort: „Falls Muslime dafür verantwortlich sind, ist es besonders bedauerlich. Ich bin der Überzeugung, dass solche Anschläge Sünde sind. Der Islam verdammt den Terrorismus.“
Die Videobotschaft wurde bis Donnerstagmittag über 93.000 Mal angeklickt und rund 1000 Mal geliked. Doch wie ernst ist sie zu nehmen?
Niemand werde einen Nutzen von den Attentaten haben
Vogel selbst sagt: „Ich mache dieses Statement nicht, um irgendjemandem zu gefallen.“ Es gehe ihm „einzig und allein darum, Solidarität mit den Muslimen zu haben, die den größten Schaden durch solche Terroranschläge bekommen“. Denn wer glaube, dass französische Soldaten an einem Krieg gegen Muslime nicht mehr teilnähmen, weil es Anschläge in ihrem Land gebe, sei „absolut ignorant gegenüber der europäischen Mentalität“. Es werde niemand einen Nutzen von den Attentaten haben – „außer diejenigen, die den Islam bekämpfen wollen. Deshalb bitte ich Euch, die Ihr mit solchen Anschlägen sympathisiert: Schließt Euch unserer Karawane an und lasst solche Anschläge sein.“
Die Botschaft argumentiert also entlang von Nützlichkeitserwägungen. Damit bleibt sie ambivalent. Ambivalent sind auch die Reaktionen.
Ein Youtube-Kommentator schreibt wie Vogel: „Diese Anschläge schaden nur den Muslimen.“ Das heißt im Umkehrschluss: Würden sie den Muslimen nützen, könnte man darüber nachdenken. Ein weiterer User notiert: „Schöner Vortrag.“ Doch könne er die Attentäter „teilweise verstehen“. Vielleicht habe der eine oder andere durch einen Bombenangriff der USA seine Angehörigen verloren. Wenn Terror der einzige Weg sei, „dann muss es so sein“.
Vogels Botschaft ist nicht beruhigend
Der Terrorismusexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Guido Steinberg, sagte der Berliner Zeitung: „Pierre Vogel ist kein Prediger des Dschihad. Und er ist erst recht kein IS-Prediger.“ Allerdings agiere er „im Grenzbereich“. Claudia Dantschke von der Beratungsstelle für De-Radikalisierung namens Hayat warnt: „Man darf sich von dem Video nicht täuschen lassen. Das ist eine strategische Distanzierung.“ Eigentlich müsse sich Vogel „bei allen seinen Auftritten von den Leuten distanzieren, die für die Jugendlichen, die nach Syrien gehen, die ideologische Basis legen“. Doch das tue er nicht. „Er tritt zusammen mit den Typen auf“ – wohl wissend, dass seine Anhängerschaft ihn glorifiziere. Überhaupt gebe es zwar keinen hiesigen salafistischen Prediger, der die jüngsten Anschläge gutheiße, so die Islamexpertin. Aber den Heiligen Krieg und Al Kaida hießen schon einige gut, so etwa der ebenfalls bekannte Islamist Bernhard Falk.
Wirklich beruhigend ist Vogels Botschaft also nicht.