1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. MZ im Gespräch mit Guido Westerwelle: MZ im Gespräch mit Guido Westerwelle: «Das Volk soll abstimmen»

MZ im Gespräch mit Guido Westerwelle MZ im Gespräch mit Guido Westerwelle: «Das Volk soll abstimmen»

22.07.2004, 18:49
Guido Westerwelle (Foto: dpa)
Guido Westerwelle (Foto: dpa) dpa

Berlin/MZ. - Der Sommer ist dieZeit für Interviews, in denen Politiker einmalohne den Druck der Tagespolitik zu Wort kommen.MZ-Korrespondentin Sibylle Quenett sprachmit dem FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle.

Herr Westerwelle, wie fühlt man sich alsunpolitischer Aufmacher im Boulevard?

Westerwelle: Das habe ich zur Kenntnisgenommen, wie ich jeden Morgen die Zeitungenzur Kenntnis nehme. Aber das war es auch.

Wo schützen Sie Ihre Privatsphäre, wennSie Homestorys machen und anschließend dieNoppen-Stopper-Socken bei Harald Schmidt landen?

Westerwelle: Ich habe mit einem Redakteurdes "Spiegel" beim Essen ein Gespräch geführt,das wir in meiner Wohnung fortgesetzt haben.Wir haben ausführlichüber Politik geredet. Aber er konnte wohlnicht der Versuchung widerstehen, mit Indiskretionendie Geschichte aus seiner Sicht schmackhafterzu machen.

Sie zählen stark auf Frau Merkel, in derFrage eines EU-Referendums beißen Sie aberbei ihr auf Granit.

Westerwelle: Angela Merkel hat wiegroße Teile der CDU zum Referendum eine andereMeinung. Wir Freien Demokraten sind der Überzeugung,dass über die Europäische Verfassung unserVolk abstimmen sollte. Wir wollen nicht Plebisziteüber jede Klein-Klein-Entscheidung. Aber dieEU-Verfassung ist eine Schlüsselentscheidung.Ich appelliere an die Spitzen der anderenParteien im Bundestag, die Entscheidung überunseren Antrag für eine Volksabstimmung freizu geben.

Trotz der Schwäche der Regierung dümpeltdie FDP in den Umfragen in ihrem Normbereich,während die Grünen zur starken dritten Kraftgeworden sind.

Westerwelle: Die Grünen sitzen nochin zwei Länderregierungen, die FDP in vier.In Kiel und Düsseldorf werden die Grünen imnächsten Frühjahr ihren Platz in der Regierungverlieren, und die FDP wird ihn einnehmen.Die starken Meinungsumfragen für die Grünensind doch nur auf das Desaster der SPD zurückzuführen.

Es irritiert Sie nicht, dass die Grünenbeispielsweise in Köln bei über 20 Prozentliegen?

Westerwelle: Die Liberalen hattenbei der Europawahl in Köln um die zehn Prozent.Wenn die CDU bei 20 Prozent läge wie die SPD,dann wäre die FDP bei Umfragen vermutlichstärker als die Grünen derzeit. Es gibt eineArbeitsteilung in der Bundesregierung. FürGesundheit, Finanzen, Arbeit, Verkehr, zeichnendie Sozialdemokraten verantwortlich. Und diegrüne Ministerin Renate Künast kümmert sichum dicke Kinder. Mit der Bio- und Gentechnologietreibt sie Schlüsseltechnologien aus dem Land,statt sich dem Kampf gegen den Hunger undAids zu stellen.

Was müsste man gegen Aids tun?

Westerwelle: Man darf den Kampf nichtverloren geben, weil Aids sonst zur größtenMenschheitskatastrophe führen wird. Nur Ignorantenglauben, es sei ein Thema ausschließlich inAfrika und asiatischen Regionen. Auch in Deutschlandnehmen die Infektionsraten wieder zu. Wir geben pro Kopf nur einen Bruchteildessen aus, was die USA im Kampf gegen Aidsbereitstellen.

Was heißt das für Deutschland?

Westerwelle: Wenn das Sexualverhaltenvon Jugendlichen immer risikoreicher wird,dann muss uns das sehr große Sorgen machen.Das ist auch der Grund, weshalb ich als Parteivorsitzenderund Kuratoriumsmitglied der Aids-Stiftung,wo immer ich kann, Aufmerksamkeit auf dasThema lenken möchte. Es ist zugleich eine Frage derfinanziellen Ausstattung. Auf der Welt-Aids-Konferenzwurde die Bundesregierung zu Recht besondersscharf kritisiert.

Sie gehen an die Öffentlichkeit?

Westerwelle: Esgeht darum, nichts zu verschweigen, und Geldin die Bekämpfung von Aids zu stecken. Außerdemmuss man anders als die Grünen die Entwicklungin der Bio- und Gentechnologie zulassen, damitsolche Krankheiten eines Tages besiegt werdenkönnen. Das Verhalten der Grünen ist unmoralisch.