Moldawien Moldawien: Das schmutzige Geschäft mit Organen blüht
Mensir/Moskau/dpa. - Das schmutzige Geschäft mit gekauften Organen hat ein beinahe vergessenes Land im Osten Europas in die Schlagzeilen gebracht. In kaum einem Bericht über Nierentransplantationen fehlt die ehemalige Sowjetrepublik Moldawien. Im östlichen Nachbarstaat Rumäniens müssen die Menschen mit weniger als 30 Euro Lohn pro Monat im Schnitt überleben. Die Not treibt viele Moldawier zu dem Geschäft, für eine Niere bis zu umgerechnet 3000 Euro zu bekommen.
Der junge Bauer Feodor Placenzev war mit dem Versprechen auf eine gut bezahlte Arbeitsstelle in die Türkei gelockt worden. Dort offenbarten ihm seine Bekannten, sie seien nicht an Feodors Arbeit interessiert, sondern an seiner Niere. Geblendet von der Aussicht auf das Geld willigte der blasse braunhaarige Moldawier in die Operation ein. Diese Entscheidung bereut Feodor heute bitter.
Daheim in seinem Dorf Mensir an der Grenze zu Rumänien schlägt sich Feodor mit einer kleinen Viehwirtschaft hinter der Wohnhütte durchs Leben. Für das russische Fernsehen hebt er seinen schäbigen Wollpullover bis unter die Achseln. Eine 20 Zentimeter lange Narbe ist das einzige, was ihm von dem teuflischen Pakt geblieben ist.
Für das Geld hatte er sich einen alten Opel Kadett gekauft, den er ein paar Tage später zu Schrott fuhr. Ein schmerzhaftes Ziehen im Leib, wenn er die Futtereimer in seinen kleinen Schweinestall trägt, erinnert ihn Tag für Tag an seine leichtsinnige Tat.
Das Schicksal des Feodor Placenzev teilen hunderte oder gar tausende Menschen in Moldawien. Niemand kennt die genaue Zahl. Das große Geschäft beim Organhandel machen andere. Angeblich bringt der Verkauf einer Spenderniere an einen reichen Ausländer 50 000 Euro und mehr. Die Operationen werden häufig in der Türkei durchgeführt. Aber auch in Deutschland, wo der Organhandel ebenso verboten ist wie in Moldawien, sollen gekaufte Nieren verpflanzt worden sein.
In seinem Dorf Mensir ist Placenzev längst nicht der einzige, der sein Organ für den Traum von einem besseren Leben hergab. Sein Nachbar Nicolae Burdan träumte von einem eigenen Heim für sich und seine Familie. Seine Niere gab der Mann für eine Holzhütte und ein wenig Futter für die Kuh und die Schweine her. Seine Frau war damit einverstanden. «Unsere Kinder sollten endlich ein eigenes Haus betreten können», berichtet sie dem russischen Fernsehsender NTW.
Doch der Preis für den erfüllten Lebenstraum war zu groß. «Ich wusste nicht, dass die Operation meinen Mann so schwächen würde», sagt Frau Burdan. Die Arbeit fällt dem Familienvater seit dem medizinischen Eingriff in der Türkei immer schwerer. «Ich bedaure, dass ich meine Niere fortgegeben habe. Das würde ich nicht noch einmal machen», sagt Nicolae Burdan heute.
In den ärmlichen Dörfern Moldawiens, wo kaum ein Steinhaus steht und keine Straße geteert ist, haben die Organvermittler leichtes Spiel. Auf einem Polizeivideo wird Dumitru, ein junger Arzt aus der Hauptstadt Chisinau, präsentiert. In Dorfdiscos spricht er Gleichaltrige an, verspricht ihnen Reichtum und Lebensglück. «Der Mensch braucht seine zweite Niere gar nicht, die ist nur zur Reserve da», lautete die Masche des kriminellen Mediziners.
Im westlichen Ausland, wo Nieren das gefragteste Spenderorgan überhaupt sind, müssen nierenkranke Patienten 100 000 Euro an illegal operierende Organhändler bezahlen, um außerhalb der langen Warteliste ein neues, lebenserhaltendes Organ verpflanzt zu bekommen.
Auch in anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion wie Weißrussland und der Ukraine reißen die Berichte über illegale Verkäufe eigener Organe nicht ab. Immer wieder ist in den Zeitungen auch zu lesen, dass ahnungslose Opfer unter Narkose gesetzt wurden und später ohne Niere in einem türkischen Hospital aufwachten. Beweise für solche Horrorgeschichten gibt es jedoch nicht.