Kommentar zur Kabinettsbildung Minister in einer großen Koalition: Das Rennen um die Merkel-Nachfolge hat begonnen

Vier aus der alten Ministerriege sind aussortiert, ein paar Jüngere nachgerückt, mehr Frauen am Kabinettstisch. Das ist also die Ministerliste für Aufbruch und Erneuerung, die Angela Merkel sich in der CDU zusammengebastelt hat für ihre nächste Regierung. Es ist wirklich mehr eine Bastelarbeit als ein Kunstwerk. Sie ist garniert mit zwei echten Überraschungen und einer, die als solche gefeiert wird, aber eigentlich keine mehr ist.
Zu den Überraschungen gehört, dass Ostdeutschland künftig allein durch die Kanzlerin vertreten sein wird. Dafür gibt es mit Jens Spahn und der neuen bis dato unbekannten Anja Karliczek gleich zwei Minister aus dem Münsterland. So albern der zwanghafte Regionalproporz bei Postenverteilungen oft wirken mag – in diesem Fall fällt vor allem eines auf: Die Personaldecke der CDU in den neuen Ländern ist dünn, erst recht, wenn eine Frau gefunden werden muss. Die Beschwerden der Ost-CDU fallen damit auch auf sie selbst zurück.
Kanzlerin braucht die Trommler
Mit Spahn befördert Merkel nun ihren aktivsten und ehrgeizigsten parteiinternen Kritiker zum Gesundheitsminister. Es ist die Überraschung, die nicht überrascht: Spahn hat an diesem Aufstieg eifrig gearbeitet, er hat sich zur Symbolfigur für die Erneuerung der CDU modelliert – zumindest für einen Teil der Partei. Für Merkel führte auch deswegen kein Weg mehr an ihm vorbei, weil die profilierten Gesundheitspolitiker Mangelware sind in der CDU. Und in einem Kabinett, in dem die CDU nach eigener Einschätzung eher die zweitbesten Ministerien abbekommen hat, braucht die Kanzlerin umso mehr Personen, die trommeln können. Das kann Spahn unbestritten. Und in dieser so wenig glamourös wirkenden Ministerriege hat Spahn durchaus einen Vorteil.
Ein entspannter Karriereschritt für Spahn sähe allerdings anders aus: Annegret Kramp-Karrenbauer kann als neue CDU-Generalsekretärin mit Ministerpräsidentinnen-Erfahrung den neuen Kurs der Partei gestalten. Sie hat zwar den formal niedrigeren Rang als ein Minister, aber sie ist nicht eingebunden in die Kabinettsdiziplin. Sie kann als Generalistin wirken und muss sich nicht im Kleinklein eines Fachministers verlieren. Fürs erste also hat Kramp-Karrenbauer im Rennen um die Nachfolge von Angela Merkel den klaren Vorteil. Das ist auch so ein Signal der neuen Aufstellung: das Rennen um die Nachfolge hat begonnen.