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Mindestens sieben Branchen für Mindestlohn

31.03.2008, 12:42

Berlin/dpa. - Der von SPD und Gewerkschaften erhoffte Ansturm aus großen Wirtschaftszweigen für Mindestlöhne ist ausgeblieben.

Bis Montagmittag haben sieben Branchen mit insgesamt 1,43 Millionen Beschäftigten die Aufnahme ins Entsendegesetz beantragt, um auf diesem Weg zu verbindlichen Lohnuntergrenzen zu kommen. Wie Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) in Berlin weiter mitteilte, ist bis zum Ende der Meldefrist am Montagabend noch eine weitere Branche zu erwarten.

Unter den bisherigen Antragstellern sind allerdings auch Kleinstbranchen wie Bergbau-Spezialarbeiten mit nur 2500 Beschäftigten. Anträge kamen ferner von der Zeitarbeit, dem Sicherheitsgewerbe, Großwäschereien, Forstdienstleistern, der Weiterbildungsbranche und Pflegediensten. Die Zahl der Anträge fiel damit zwar größer aus, als zuletzt spekuliert worden war. SPD und Gewerkschaften hatten aber zehn und mehr sowie größere Branchen mit insgesamt 4,4 Millionen betroffenen Beschäftigten erhofft.

Scholz zeigte sich dennoch zufrieden und sprach von einem «gigantischen politischen Erfolg». Die Zahl der per Entsendegesetz vor Billig-Konkurrenz geschützten Beschäftigen werde sich damit nahezu verdoppeln. Derzeit seien es 1,8 Millionen Mitarbeiter. Auch nach Ablauf der Frist können zudem weitere Branchen ins Entsendegesetz aufgenommen werden. In vielen Wirtschaftszweigen lehnen die Arbeitgeber dies offenbar bisher ab. Führende Unionspolitiker sehen die SPD-Strategie daher als gescheitert an.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte die geringe Resonanz nicht näher bewerten. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sprach von einer begrenzten Zahl von Anträgen nach der Willensbildung der Tarifpartner. Die meisten Branchen hätten sich nach reiflicher Überlegung entschieden, nicht diesen Weg zu verfolgen. Der Koalitionskompromiss vom vergangenen Juni aber, der auf eine Stärkung der Tarifautonomie gesetzt habe, sei eine richtige Weichenstellung und eine «gute Grundlage nach schwierigen Diskussionen» gewesen.

Forderungen aus der Union, die nötigen Gesetzesnovellen für weitere Branchen-Mindestlöhne nun nicht weiter zu verfolgen, wies Wilhelm zurück. «Die Vereinbarung wird eingehalten», sagte er mit Blick auf den Kompromiss von Union und SPD. Es gebe dazu allerdings «sehr schwierige Rechtsfragen» und eine «Fülle von kritischen Punkten», die in den nächsten Wochen zu klären seien. Die Arbeiten und Ressortabstimmungen an den Gesetzesnovellen gingen aber weiter. Scholz erwartet eine Einigung bis zum Sommer.

Die Anträge für das Entsendegesetz sind nur ein erster Schritt, um zu Mindestlöhnen für alle Branchenbetriebe zu kommen. Für sie müssen Voraussetzungen wie eine 50prozentige Tarifbindung erfüllt sein. Für Wirtschaftszweige, in denen weniger als 50 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen mit Tarifbindung arbeiten, soll das Mindestarbeitsbedingungen-Gesetz von 1952 modernisiert und für Mindestlöhne tauglich gemacht werden. In jedem Einzelfall werde nun «sehr sorgfältig» in der Koalition geprüft, ob die Voraussetzungen erfüllt seien, sagte Wilhelm. Die Union lehnt unter anderem Mindestlöhne für Zeitarbeitsunternehmen bisher strikt ab.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sprach von einer «der fatalsten Fehleinschätzungen der Sozialdemokraten in den letzten Jahren». Die CDU zeigte sich aber offen, das Wachgewerbe in das Entsendegesetz zu übernehmen, um einen Mindestlohn zu erreichen. «Wir haben hier die Gefahr des Lohndumpings durch ausländische Arbeitnehmer.» Für die Zeitarbeit werde es dies definitiv nicht geben, bekräftigte Pofalla. Nach Aussage des Chefs der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, haben sich «nur wenige, volkswirtschaftlich nicht sehr bedeutsame Branchen» für den Weg des Entsendegesetzes entschieden.