Merkel punktet bei Bush Merkel punktet bei Bush: Neue Chance für Friedensprozess in Nahost
Washington/dpa. - Beim dritten Besuch Merkelsbinnen eines Jahres hatte es Bush die «Weisheit» der Deutschenangetan. Der Präsident gibt gut gelaunt zu, sich nicht nur dieRatschläge der Vertrauten aus Europa anzuhören, sondern auch gutenRat anzunehmen.
Dieses Mal gab Bush Merkels Bemühungen um eine Wiederbelebung desNahost-Friedensprozesses seinen Segen. US-Außenministerin CondoleezzaRice wird in den kommenden Tagen in den Nahen Osten reisen. «Wenn siezurückkommt, wird sie nicht nur mir, sondern auch der KanzlerinBericht erstatten, wie wir den Prozess voranbringen können», sagtBush.
Als neue Ratspräsidentin der Europäischen Union und der G8-Rundehatte Merkel während des zweieinhalbstündigen Arbeitsbesuches samtBarbecue das Arbeitsprogramm für die kommenden Monate vorgestellt.Das Thema Nahost rangiert dabei ganz weit oben. Merkel will das Radnicht neu erfinden, sondern wieder neu in Gang setzen. Begriffe wie«Nahost-Quartett» oder der als «Road Map» bezeichnete Friedensplanhaben wieder Konjunktur - auch weil es nach den Worten von Diplomatenderzeit keine Alternativen zu diesen diplomatischen Konstrukten gibt.Dem Nahost-Quartett gehören außer der EU noch die USA, Russland unddie Vereinten Nationen an.
Merkel fühlt sich durch die vom Sicherheitsrat verabschiedeteIran-Resolution bestätigt, dass gemeinsames Vorgehen am Ende mehrbringt, auch wenn die Einigung länger dauert als erwünscht. Aus Sichtder Deutschen kann die EU eine Menge tun, um bei der Lösung vonProblemen in der Region zu helfen.
Bush kann die Hilfe der Europäer gut gebrauchen. Seine Regierungzerschlug viel Porzellan bei den arabischen Verbündeten, weil sie imLibanon-Krieg vor einem halben Jahr offen Israel unterstützte. Miteinem Hauptakteur im Nahost-Konflikt, der radikal-islamischenHamas-Bewegung, sprechen die USA derzeit nicht, auch wenn Hamas einedemokratisch gewählte Regierung in den Palästinensergebieten führt.Die USA stufen Hamas als Terrortruppe ein.
Die EU könne beispielsweise als Vermittler bei jenen Parteieneinspringen, mit denen die US-Regierung derzeit nicht sprächen,schreibt das «Wall Street Journal». Dazu gehören auch Syrien, derIran und die schiitische Hisbollah im Libanon.
Viele arabische Staaten sehen mit Argwohn, wie der Iran seineFinger scheinbar überall in die nahöstlichen Probleme steckt. AlsGegenreaktion ziehen nach Angaben von westlichen Diplomaten arabischeLänder hinter der Bühne ihre Strippen, um Bewegung in die verhärtetenNahost-Fronten zu bringen. Auch hier sind Abstimmungen zwischen denUSA und der EU wichtig, um arabische Akteure nicht vor den Kopf zustoßen.
Der israelisch-palästinensische Konflikt ist jahrzehntealt undMerkel weiß, dass er nicht während der deutschen Ratspräsidentschaftgelöst werden kann. «Die Hauptakteure in der Region müssen auch dennotwendigen Willen für eine Lösung aufbringen», sagt Merkel. Indiesem Punkt wie auch bei anderen liegt sie auf gleicher Wellenlängemit Bush: Beide unterstützen einen unabhängigen Palästinenserstaat,beide wollen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas stärken, beidefordern von den Palästinensern die Anerkennung des Staates Israel.
Die Chemie zwischen Bush und Merkel scheint zu stimmen, und Bushmacht sich schon Gedanken, ob zu viele Komplimente nun Merkel schadenoder helfen. Wenn der britische Premierminister Tony Blair sein Amtin diesem Jahr verlässt und Bush dann nach Europa schaut, ist Merkelfür ihn das bekannteste und vertrauteste Gesicht unter denEU-Regierungschefs. Im politischen Washington sprechen viele schonvom neuen «transatlantischen Traumpaar».