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Menschenrechte Menschenrechte: Mit Yahoo! in China hinter Gitter

08.09.2005, 15:28

Peking/dpa. - Als Beweis nennt das Urteil«Informationen über den Kontobesitzer vorgelegt durch Yahoo Holdings(Hongkong) Ltd., die belegen, dass für die IP Adresse 218.76.8.201 um11:32:17 abends am 20. April 2004 die betreffende Benutzerinformationwie folgt lautete: Nutzer-Telefon-Nummer 0731 4376362 im Büro der«Contemporary Business News» in Hunan, Adresse: 2F, Building 88,Jianxiang New Village, Kaifu Distrikt, Changsha.»

Der 37-Jährige Journalist hatte eine Zusammenfassung deralljährlichen Parteianweisung aus der Redaktionskonferenz, die imUrteil «Dokument Nr. 11 (2004) - Notiz hinsichtlich der gegenwärtigenstabilisierenden Arbeit» genannt wird, in die USA geschickt. Ein«Demokratie-Forum» veröffentlichte die Mail anonym auf seinerWebsite. Das Urteil enthüllt die Hilfe, die das Internet-UnternehmenYahoo! bei der Verfolgung des regimekritischen Journalisten geleistethat. Ohnehin sind die Geschäftspraktiken von Yahoo!, Google und MSNin China im Kreuzfeuer der Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, in ihrenchinesischen Suchmaschinen teilweise Ergebnisse auszublenden, die vonChinas Zensur gesperrt werden. Wer etwa auf Chinesisch bei Yahoo!nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni1989 sucht, findet «keinen Inhalt, der zu ihrer Suche passt».

«Reporter ohne Grenzen» beklagt, Yahoo! habe den Journalisten ansMesser geliefert. «Es ist eine Sache, sich gegenüber dem Missbrauchder chinesischen Regierung blind zu stellen, aber etwas ganz andereszu kollaborieren.» Yahoo! beteilige sich nicht nur «begeistert» ander Zensur, sondern arbeite jetzt sogar als «Polizei-Informant». Das«Komitee zum Schutz von Journalisten» (CPJ) in New York verurteiltedie «skandalöse Verfolgung» und verlangte eine Erklärung für dieHerausgabe der Konto-Informationen. Eine Yahoo!-Sprecherin teilte CPJmit: «Wie jedes andere globale Unternehmen muss Yahoo! sicherstellen,dass seine örtlichen Länderseiten innerhalb der Gesetze, Vorschriftenund Gebräuche des Landes operieren, wo sie ansässig sind.»

Doch ist das Unternehmen «damit von allen ethischen Überlegungenbefreit?», fragt «Reporter ohne Grenzen». «Wie weit wird es gehen, umPeking zu gefallen?» Immerhin ist Yahoo! vor einem Monat mit einerMilliarde US-Dollar in Chinas erfolgreiche Internetfirma Alibabaeingestiegen. Die internationalen Unternehmen kämpfen erbittert umdie heute schon 100 Millionen Nutzer in China. Viele Chinesen wiegensich irriger Weise bei ausländischen E-Mail-Anbietern vor staatlicherSchnüffelei in Sicherheit. Doch das Kleingedruckte verrät, dassYahoo! «Kontoinformationen und Inhalte enthüllt, wenn es gesetzlichgefordert ist». Dabei dienen viele Gesetze in China der politischenVerfolgung - insbesondere bei «Staatsgeheimnissen» oder «Gefährdungder Staatssicherheit», die willkürlich interpretiert werden.

Eigentlich wäre Yahoo! in Hongkong gar nicht an Chinas Gesetzegebunden. Unklar bleibt auch, ob eine richterliche Anweisung vorlag.Shi Tao selbst hat im Prozess die Anklage wegen «nicht besondersschwerer Umstände» lieber nicht bestritten, um wie in China üblichreumütig auf eine milde Strafe zu hoffen. Der Richter folgte ihmsogar, bescheinigte «keinen extrem schweren Schaden für dieStaatssicherheit» und zeigte sich «nachsichtig»: 10 Jahre Haft.