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Menschenrechte Menschenrechte: Kinderhandel in Europa nimmt zu

07.07.2009, 08:42

Wien/Brüssel/dpa. - Das geht aus einem Bericht hervor, den dieEuropäische Grundrechte-Agentur FRA am Dienstag vorgelegt hat. Danachverschwanden beispielsweise allein im Jahr 2008 etwa 400 der1320 Minderjährigen, die im Einwanderungszentrum der italienischenInsel Lampedusa überwiegend aus Afrika ankamen. Die FRA geht davonaus, dass die Kinder in die Hände von kriminellen Organisationengeraten sein könnten. Für Befürchtungen von Hilfsorganisationen, dasssie Opfer von skrupellosen Organbeschaffern wurden, gebe es aberbisher keine Beweise.

Nach Angaben der in Wien ansässigen FRA ist das Verschwinden vonKindern aus Heimen auch in EU-Mitgliedstaaten ein weit verbreitetesProblem. In den meisten Fällen blieben die Betroffenen verschwunden.Allerdings werde dieses potenzielle Verbrechen «weitgehend ignoriertund aufgrund einer unzureichenden Datenerfassung in wenigstens neunMitgliedstaaten äußerst unzureichend betrachtet». Nur wenigeMitgliedstaaten hätten Strategien zur Auseinandersetzung mit diesemProblem entwickelt, heißt es. Wegen der fehlenden einheitlichenRichtlinien könnten jedoch keine präzisen Angaben über das Ausmaßmöglicher Verbrechen gemacht werden, warnen die Verfasser.

Wie die FRA beklagt, gibt es sowohl im Rechtsrahmen der EU alsauch auf Ebene der Mitgliedstaaten bisher keine klare Definition desKinderhandels. In ihrem Report, der auch im Internet veröffentlichtwurde, gibt die FRA einige Beispiele für die Form der Ausbeutung vonKindern und Jugendlichen innerhalb der EU. Bisher sei innerhalb derUnion jedoch nur Kinderhandel «zum Zwecke der Ausbeutung derArbeitskraft oder der sexuellen Ausbeutung» definiert. Die Ausbeutungetwa zur Organbeschaffung oder ausbeuterische Formen der Adoptionseien dagegen noch nicht bestimmt worden.

Außerdem gibt es laut FRA in der Hälfte der EU-Mitgliedstaatenkeine formelle Politik der Straffreiheit: «Das bedeutet, dass Opfervon Kinderhandel in diesen Ländern wegen Grenzdelikten oder andererVergehen wie illegaler Prostitution verfolgt werden können, obwohlsie selbst Opfer sind.»

Zum Schutz der Opfer schlägt die FRA vor, dass innerhalb der EU«die Vorrangigkeit des Kindeswohls als allgemeiner Grundsatz desEU-Rechts» ausdrücklich festgelegt werden sollte: «Das Kindeswohlmuss vorrangig respektiert, geschützt und gefördert werden.» Dazugehöre, «dass ein Kind, das vermutlich Opfer von Kinderhandel ist,grundsätzlich nicht inhaftiert werden sollte». EU-Rechtsvorschriftenmüssten darüber hinaus «eine formelle Politik der Straffreiheit derOpfer von Kinderhandel umfassen», damit die Opfer einVertrauensverhältnis zu den staatlichen Behörden aufbauen könnten.