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Medien und Justiz Medien und Justiz: «Die neue polnische Kartoffel» beschäftigt den Staatsanwalt

21.07.2006, 14:33

Warschau/Berlin/dpa. - Die Warschauer Staatsanwaltschaft hat nachder Veröffentlichung einer «taz»-Satire über den polnischenStaatspräsidenten Lech Kaczynski ein Ermittlungsverfahren eröffnet.Grundlage für das Verfahren sei Artikel 135 des polnischenStrafrechts über die öffentliche Verunglimpfung desStaatsoberhauptes, sagte eine Sprecherin der Anklagebehörde. Wie dieStaatsanwaltschaft nun weiter vorgehen will, ließ sie offen. Nachpolnischem Gesetz kann eine Beleidigung des Präsidenten mit bis zudrei Jahren Gefängnis bestraft werden.

Die Ende Juni veröffentlichte Satire «Die neue polnische Kartoffel» hatte in Polen heftige Reaktionen ausgelöst.Staatspräsident Kaczynski sagte am Freitag im polnischen Rundfunk,mit diesem Artikel seien «alle Grenzen überschritten» worden. Erkenne keinen vergleichbaren Angriff auf Politiker und ihre Familien.In der Satire war die patriotische Erziehung Kaczynskis und dieTatsache, dass sein unverheirateter Zwillingsbruder noch bei derMutter lebt, hervorgehoben worden.

Die «taz» forderte am Freitag im Gegenzug mehr Humor undGelassenheit von der polnischen Regierung und sieht nach den Wortenihrer Chefredakteurin Bascha Mika weiter keinen Anlass, sich zuentschuldigen. «Die polnische Regierung will die Absurdität offenbarweitertreiben», sagte Mika. «Wir machen Satire mit vollemBewusstsein», betonte sie. Sie finde den Text zwar nur «stellenweisegelungen», und möglicherweise überschreite er die Grenze des gutenGeschmacks. Aber Sinn einer Satire sei es schließlich, über diese zudiskutieren.

Die Zeitung werde den Vorgang von Experten prüfen lassen und dieEntwicklung abwarten. «Meiner Kenntnis nach braucht es noch etwasmehr, einen internationalen Haftbefehl zu erlangen», sagte Mika. Siekritisierte zugleich, dass der Text in den ersten Veröffentlichungenin Polen nicht als Satire gekennzeichnet gewesen sei.