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Margot Honecker Margot Honecker: Eiserne Lady der DDR wird 85

Von Peter Kosfeld 14.04.2012, 09:29
Der ehemalige DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker mit seiner Frau Margot auf dem Flughafen von Santiago de Chile.
Der ehemalige DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker mit seiner Frau Margot auf dem Flughafen von Santiago de Chile. Afp

Berlin/dapd. - Margot Honecker war in der DDR weit mehr als dieFrau an der Seite Erich Honeckers. Sie war nicht unbedingt das, washeute unter «First Lady» verstanden wird und trat als repräsentativeBegleiterin ihres mächtigen Mannes öffentlich auch selten inErscheinung. Vielmehr war sie eine eigenständige politische Kraftmit Amt und Mandat. Wo sie auftrat, stand nicht der Glamour imVordergrund, sondern die Fachpolitik, stets umrahmt von ihrerkommunistischen Grundüberzeugung, die auch im stärksten Gegenwindnie ins Wanken geriet.

Als Frau aus einfachen sozialen Verhältnissen machte sie es sichzur Aufgabe, Bildung und die kommunistische Ideologie in das Volk zutragen. Mehr als ein Vierteljahrhundert lang wirkte Margot Honeckerals Volksbildungsministerin der DDR in diesem Sinne. Inzwischen istdie DDR seit 22 Jahren Geschichte, mit der Mauer in Berlin ist eineganze Weltordnung gekippt, Margot Honecker lebt nicht mehr inDeutschland, sondern im chilenischen Exil, aber ihre politischenGrundüberzeugungen sind dieselben geblieben.

Von den Nazis verfolgt

Margot Feist wurde am 17. April 1927 in Halle an der Saale in einkommunistisches Elternhaus hineingeboren und hatte vermutlich niedie Chance, ein eigenes, unabhängiges Weltbild zu entwickeln. IhrVater Gotthard war Schuhmacher und in der Kommunistischen Partei(KPD) aktiv, ihre Mutter Arbeiterin in einer Fabrik. Die Nazisverfolgten ihren Vater ebenso wie ihren späteren Mann Erich. Margotbesuchte die Volksschule, absolvierte eine kaufmännische Lehre,arbeitete als Telefonistin und trat bereits 1945 der KPD bei, dieein Jahr später in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands(SED) aufging.

Die junge, linientreue Margot wurde nach dem Krieg von denSED-Kadern systematisch als Führungskraft im Osten Deutschlandsaufgebaut. Nach herausgehobenen Positionen in der JugendorganisationFreie Deutsche Jugend (FDJ) und der Pionierorganisation «ErnstThälmann» schaffte sie mit 22 Jahren den Sprung in die Volkskammer.Als jüngste Abgeordnete des Ost-Parlaments wurde sie 1950 Kandidatindes SED-Zentralkomitees und 1963 dessen Vollmitglied. Mitglied immächtigen Politbüro war sie allerdings nie.

Zielstrebig, ehrgeizig, machtbewusst

Margot Honecker war in der DDR sicher ein Machtfaktor auch überihren Ministerposten hinaus. Allerdings bleibt unscharf, in welcherWeise sie womöglich konkret Einfluss nahm auf die Politik ihresMannes, der 1971 zum 1. Sekretär des ZK der SED (Parteichef) und1976 zum neuen Staatsratsvorsitzenden gekürt wurde. Sie wird alssehr zielstrebig, ehrgeizig, machtbewusst und intelligentbeschrieben. Zeitzeugen erinnern sich daran, dass Margot Honecker ander Seite ihres Mannes zudem eine elegante Erscheinung war.

Sie konnte charmant sein und punktete auf Fachkonferenzen mitSchlagfertigkeit und präzisen Formulierungen. Dass die Ministerinihre Haare eigenwillig mit einem Blauschimmer färbte, brachte ihr imVolk die Beinamen «Blaue Eminenz» oder «Lila Drachen» ein, anderenannten sie nur Margot. Manche Zeitzeugen behaupten, sie sei im Volkverhasst gewesen, andere erinnern sich daran, dass sie wegen ihrerharten politischen Gangart vor allem zum Ende ihrer politischenLaufbahn auch gefürchtet war.

Fortschrittliche Kinderbetreuung

Das Schulsystem in der DDR, für das sie über viele Jahre dieVerantwortung trug, galt einerseits als streng dogmatisch im Sinnedes Sozialismus, andererseits in Naturwissenschaft und Technik alsfaktenorientiert und damit im gewissen Sinne als fortschrittlich.Die durchgängige professionelle soziale und fachliche Betreuungjunger Leute vom Kindergarten an gilt heute wieder als wegweisendesModell. Kindergarten und Schule in der DDR waren nach Einschätzungvon Bildungsfachleuten besser, als Politiker im Westen nach derWende lange Zeit wahrhaben wollten. Raum für individuelleKreativität blieb an Schulen in der DDR allerdings kaum.

Margot Honecker stieg 1963 an die Spitze desVolksbildungsministeriums auf und blieb ein Vierteljahrhundert indieser Funktion, bis sie im Revolutionsjahr 1989 von ihrem Amtentbunden wurde. 1978 sorgte Margot Honecker mit demWehrkundeunterricht samt Ausbildung an Waffen für die 9. und 10.Klassen für eine Militarisierung der Schule, was insbesondere dieKirchen, aber auch viele Eltern störte, zumal dies im Gegensatz zuroffiziellen Friedenspropaganda des Staates stand. Ihre noch imSommer 1989 vorgetragene Devise lautete, der Sozialismus müssenotfalls auch «mit der Waffe in der Hand» verteidigt werden.

Honeckers auf der Flucht

Mit der politischen Wende im Herbst 1989 waren die Honeckers aufder Flucht - vor der Presse, vor der Justiz, vor aufgebrachtenBürgern. Aus der Prominentensiedlung in Wandlitz nahe Berlinvertrieben, fand das vorübergehend obdachlose Ehepaar zunächst eineBleibe bei Pfarrer Uwe Holmer in Lobetal nahe Bernau und später ineinem sowjetischen Militärhospital im brandenburgischen Beelitz.

Nach einem juristischen und diplomatischen Tauziehen und einerzwischenzeitlichen Flucht nach Moskau zog zunächst Margot Honeckerzu ihrer Tochter nach Chile, später auch Erich Honecker. 1992ermittelte die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Margot Honecker,nachdem bekannt wurde, dass in der DDR unter ihrer VerantwortungKinder von verurteilten Eltern zur Zwangsadoption freigegebenwurden. Sie bestreitet diese Darstellung.

Margot Honecker feiert ihren 85. Geburtstag in Chile, im Kopfnoch immer glasklar und von ihrer politischen Haltung so überzeugtwie ehedem.