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Lösungen für Männerproblem Lösungen für Männerproblem: Wie in Eisleben Prostata-Vergrößerungen behandelt werden

Von Bärbel Böttcher 24.10.2019, 10:00
Chefarzt Dr. Henry Meffert (links) erläutert seinem Patienten Frank Wengerodt die Funktionsweise des Holmium-Lasers.
Chefarzt Dr. Henry Meffert (links) erläutert seinem Patienten Frank Wengerodt die Funktionsweise des Holmium-Lasers. Andreas Stedtler

Eisleben - Dass irgendwann eine Operation auf ihn zukommt, ist Frank Wengerodt bewusst. Hat sein Urologe doch schon vor einigen Jahren eine gutartige Prostatavergrößerung diagnostiziert. Anfangs kann der heute 68-Jährige die Krankheit noch mit Medikamenten in Schach halten. Doch mit der Zeit nehmen die damit verbundenen Beschwerden zu:

ein weniger kräftiger Harnstrahl, häufiger Harndrang, Schmerzen beim Wasserlassen. Und wenn die Blase drückt, dann ist Eile geboten. „War ich in der Stadt unterwegs, habe ich immer überlegt, welche Geschäfte eine Toilette haben“, erzählt der Erfurter.

Von einer gutartig vergrößerten Prostata, auch Vorsteherdrüse genannt, ist mehr als die Hälfte aller Männer betroffen, die älter als 60 Jahre sind. „Es ist eine Alterserscheinung, die durch die hormonellen Veränderungen entsteht“, sagt Dr. Henry Meffert, Chefarzt der Urologie an der Helios-Klinik in Lutherstadt Eisleben.

Die Prostata ist eine Drüse, die in erster Linie dafür da ist, Spermienflüssigkeit zu bilden. Sie liegt unterhalb der Blase und umschließt einen Teil der Harnröhre. „Ist sie vergrößert, wird die Harnröhre eingeengt und der Urin kann nicht mehr ungehindert aus der Blase abfließen“, erklärt der Mediziner. „Das kann bis zu einem Harnverhalt und einem Rückstau von Urin bis in die Nieren gehen“, ergänzt er.

Verschiedene Methoden

So wie bei Frank Wengerodt im März dieses Jahres, als er sich mit einer Harnwegsentzündung herumschlägt. Er spürt plötzlich wahnsinnige Schmerzen. „Ein ganzes Wochenende habe ich mich gequält“, sagt er. Am Montag darauf legt der niedergelassene Urologe einen Katheter. Frank Wengerodt kann die Blase wieder entleeren. Das bringt Erleichterung. Ist letztlich aber doch nur erste Hilfe. Die Zeit ist reif für eine Operation.

Der Erfurter, auf diese Situation vorbereitet, hat sich bereits intensiv mit den drei Methoden, die da in Frage kommen, auseinandergesetzt: die offene Schnitt-OP, eine minimal-invasive Methode, bei der, vereinfacht gesagt, die Wucherung mittels einer Drahtschlinge, über die Strom fließt, schichtweise abgetragen wird - der medizinisch korrekte Begriff ist transurethrale Resektion (TUR-P) - oder die Holmium-Lasertherapie, kurz HoLEP genannt, was die Abkürzung für Holmium-Laser Enukleation der Prostata ist. Holmium ist ein chemisches Element. Es zählt zu den Metallen der Seltenen Erden und wird wegen seiner Eigenschaften häufig in der Medizintechnik eingesetzt.

Frank Wengerodt entscheidet sich für die Laser-Methode. Gilt sie in Fachkreisen doch als besonders schonend. Gleichwohl gibt es nicht viele Zentren, die dieses Verfahren in ihrem OP-Katalog aufgenommen haben. Und so macht sich der Patient aus Erfurt auf den Weg nach Eisleben. Denn hier an der Helios-Klinik wird die HoLEP-Methode seit 2014 erfolgreich praktiziert. Seit diesem Jahr kann sich das Urologische Laser-Zentrum zudem mit einem besonderen Gütesiegel schmücken, dem Zertifikat der Zertifizierungsstelle Cert-IQ. Eigenen Aussagen zufolge ist es in Mitteldeutschland das einzige seiner Art.

Am 18. April dieses Jahres wird Frank Wengerodt in Eisleben von Henry Meffert operiert. „Bei dem Eingriff entfernt der Operateur mit Hilfe des Holmium-Lasers die vergrößerte innere Drüse der Prostata“, erläutert er. Der Prostatainnenanteil werde - durch die Harnröhre - quasi ausgeschält, sodass, im Unterschied zu anderen Methoden, das entfernte Gewebe problemlos vollständig feingeweblich untersucht werden könne. Immerhin, so schätzen Fachmediziner, steckt hinter etwa zehn Prozent vermeintlich gutartiger Prostatavergrößerungen eine bösartige Krebserkrankung.

Nur kurz in der Klinik

Im Vergleich zur Methode, bei der die Elektroschlinge zum Einsatz kommt, stehe der Operateur auch nicht unter Zeitdruck, hebt Henry Meffert hervor. Bei der sogenannten TUR-P müsse alles binnen einer Stunde erledigt sein, weil eine Spüllösung zum Einsatz komme, die möglichst nicht in die Blutbahn gelangen sollte. Bei der HoLEP-Methode werde die nicht verwendet.

Zudem sei die Elektroschlinge nur bis zu einer bestimmten Prostatagröße anwendbar. Im Unterschied zum Holmium-Laser. 125 Eingriffe seien mit ihm im vergangenen Jahr gemacht worden, sagt der Mediziner. Die größte Prostata habe eine Volumen von 270 Millilitern gehabt. Normal seien 20. Und - nicht ganz unwichtig für einen Mann - weder die Kontinenz noch das Gefühlsleben leiden dauerhaft.

Die HoLEP-Methode ist zudem sehr blutungsarm, „denn der Laserstrahl verödet während der OP die umliegenden Gefäße“, betont Meffert. Es komme auch kaum zu Nachblutungen. Deshalb sei der Patient in der Regel nur drei Tage in der Klinik. Während es bei anderen Methoden schon mal sechs, sieben sein könnten.

Es ist dieser Umstand, der Frank Wengerodt an dem Verfahren besonders gut gefällt. Denn er hat es eilig. Wenige Tage nach der Operation will er heiraten. Nicht irgendwo. Sondern im Hochzeitszimmer des Schinkelturms auf Kap Arkona. Meffert mahnt ihn, sich nicht unter Druck zu setzen. Sich Zeit zu lassen. „So eine Prostata wächst in der Regel über Jahre“, sagt er. Es sei ein schleichender Prozess, der mit Veränderungen im gesamten System des Wasserlassens einhergehe.

Nach der Operation, die in Abhängigkeit von der Größe der Vorsteherdrüse zwischen 45 und 90 Minuten dauern kann, sei das nicht schlagartig anders. Der Körper brauche Zeit, um sich wieder zu stabilisieren. Zumal eine große Wundfläche entstanden sei, die richtig ausheilen müsse. Diese Zeit der Heilung, Meffert spricht von etwa einem Vierteljahr, müssten sich die Patienten gönnen. „Aber“, so seine Erfahrung, „das will keiner so richtig wahrhaben.“

Spezialkissen für die Reise

Am wenigsten Frank Wengerodt. Er möchte, dass die Hochzeit planmäßig stattfindet. Sieht aber ein, dass auch die Operation nicht mehr aufgeschoben werden kann. „Ich habe ganz schön gezittert, dass das alles klappt“, sagt er. Der Eingriff verläuft denn auch lehrbuchmäßig. Aber ist eine Reise in den Norden nur wenige Tage danach vernünftig?

Wengerodt ist, wie er selbst sagt, ein Bastelmensch. Und so bastelt er sich aus mehreren Lagen einer Iso-Matte ein Spezialkissen mit einem Schlitz in der Mitte, um die Prostata zu entlasten. „Und damit bin ich einen Teil der Strecke nach Rügen sogar selbst gefahren“, erzählt er. Das sei wunderbar gegangen.

Schon nach sechs Wochen steigt er wieder aufs Fahrrad und geht mit seiner Frau auf Tour. Seit zehn Jahren sind sie Rad an Rad unterwegs und wollen noch in diesem Jahr den 35 000. gemeinsamen Kilometer schaffen. 300 fehlen noch. Die sollen an der Nord- und Ostsee zurückgelegt werden.

Dass bei ihm die ganze Sache so reibungslos verlaufen ist, das führt Frank Wengerodt auch auf seine gesunde Lebensweise zurück. „Ich ernähre mich gesund. Esse viel Gemüse, viel Obst, keine Wurst und kein fettes Fleisch“, sagt er. Und er treibe viel Sport - neben dem Radfahren begeistert ihn Tischtennis und Kraftsport. Einfach, um etwas für sich zu tun.

Frank Wengerodt weiß aber auch, was er der Medizin zu verdanken hat. „Ich bin froh, dass es diese Technik gibt. Wer weiß, was ohne sie geworden wäre.“ (mz)