LKW-Fahrer LKW-Fahrer: Polen wehrt sich gegen deutsche Mindestlohn-Vorschriften

Andrea Nahles wählte am Freitagmorgen ihre Worte mit Bedacht. Bei der Regelung handele es sich um eine „Interimslösung“, die „auf den reinen Transitverkehr begrenzt“ sei und spätestens im Sommer auslaufen werde, betonte die deutsche Arbeitsministerin vor Journalisten. Unbedingt wollte die SPD-Politikerin den Eindruck vermeiden, bereits nach drei Wochen müsse sie ihr politisches Prestigeprojekt, den Mindestlohn, nachbessern.
Soweit ist es tatsächlich noch nicht. Allerdings wird das Gesetz für ausländische Lkw-Fahrer, die auf reinen Transitfahrten durch Deutschland unterwegs sind, vorerst außer Kraft gesetzt. Ein bisschen nachgeben muss Nahles also schon. Eigentlich gilt der Mindestlohn von 8,50 Euro seit dem 1. Januar nämlich auch für ausländische Brummi-Chauffeure. Das betrifft auch die umstrittenen Dokumentationspflichten. So müssen nach dem Willen des Berliner Arbeitsministeriums die Spediteure in Polen, Tschechien oder Ungarn künftig jeweils etwa ein halbes Jahr im Voraus ihre Einsatzpläne an den deutschen Zoll schicken.
Warschau wehrt sich
Dagegen hatte vor allem die Regierung in Warschau massiv protestiert. Selbst bei einem Telefonat zwischen der polnischen Ministerpräsidentin Ewa Kopacz und Kanzlerin Angela Merkel kam das Thema zur Sprache. Polen sieht die europäische Dienstleistungsfreiheit beschnitten und hat erreicht, dass die Brüsseler Kommission ein Prüfverfahren eingeleitet hat.
Am Freitag nun traf der polnische Arbeitsminister Wlasylaw Kosiniak-Kamysz in Berlin mit Nahles zusammen. Es sei ein „sehr konstruktives und gutes Gespräch“ gewesen, sagte die SPD-Politikerin. Auch Kosiniak-Kamysz gab sich äußerst freundlich, machte jedoch schnell klar, dass seine Regierung eine Interimslösung nicht reicht: „Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, erklärte er und setzte nach: „Nach unserer Meinung sind die Vorschriften nicht kompatibel mit EU-Recht.“
Brüsseler Kommission muss entscheiden
Damit muss sich nun die Brüsseler Kommission beschäftigen. Nahles erwartet eine Entscheidung irgendwann zwischen April und Juni. Bis dahin, erklärte sie, würden sowohl der Mindestlohn als auch die Dokumentationspflichten für ausländische Lkw-Fahrer ausgesetzt - allerdings nur, wenn sie Deutschland im Transit durchqueren. Hält der Laster hier an und lädt neue Ladung auf, greift die Ausnahmeregelung also nicht. Hingegen gibt es keine Beschränkung auf polnische Fahrer. Auch Speditionen in anderen Ländern sind unter den genannten Bedingungen von der Mindestlohnpflicht befreit. Die Kontrollen von Transit-Fahrern durch den deutschen Zoll werden bis zu einem Brüsseler Spruch ausgesetzt und keine Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten eingeleitet.
„Wir wollen nicht, dass die Einführung des Mindestlohns in Deutschland durch Rechtsstreitigkeiten belastet wird“, zeigte sich Nahles versöhnlich. Im Dauerstreit um den Mindestlohn wird ihr das allerdings kaum nachhaltige Ruhe verschaffen. Schon protestierten am Freitag die tschechischen Spediteure, die Gesetzespause reiche nicht aus, da der deutsche Mindestlohn viermal so hoch sei wie in ihrer Heimat. Und Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) brachte die innerdeutsche Debatte über die Dokumentationspflichten in Erinnerung. Wenn Nahles sich um die polnischen Spediteure kümmere, müsse sie „endlich auch die Bürokratie-Sorgen der Unternehmen bei uns im Land ernst nehmen“