Libyen Libyen: Gaddafi kämpft um die letzte Bastion

TRIPOLIS/MADRID/MZ. - Neue Zusammenstöße in der libyschen Hauptstadt Tripolis, wo sichDiktator Muammar al-Gaddafi weiterhin an die Macht klammert: Tausende Demonstranten gingen nach dem Freitagsgebet in der City und in einigen Vororten auf die Straße, forderten den Rücktritt des Tyrannen. "Gaddafi ist der Feind Allahs" und "Nieder mit Gaddafi" riefen die Menschen. Einige verbrannten die grüne Nationalflagge. Milizen und Soldaten lösten die Demonstrationen mit Tränengas, Gummigeschossen und dem Einsatz von Knüppeln auf.
Im Stadtteil Tajura, eine der Hochburgen derOpposition in Tripolis, zerrissen die Demonstrantengroße Gaddafi-Fotos und reckten die rot-schwarz-grüneFlagge der Revolutionsbewegung in die Höhe.Der britische Sender BBC berichtete von außergewöhnlichgewaltsamen Szenen beim Polizeieinsatz. Inder Innenstadt von Tripolis, in der Nähe deszentralen Grünen Platzes, sollen Demonstrantenund Gaddafi-Anhänger mit Fäusten aufeinanderlosgegangen sein. #video
Gaddafis Geheimpolizei hatte bereits Stundenvor Beginn des Freitagsgebetes versucht, neueDemonstrationen gegen Gaddafi in Tripoliszu verhindern. Regimegegner berichteten, dassAktivisten der Opposition in der Nacht zuvorverschleppt und ganze Stadtviertel abgesperrtworden seien. Mehrere Moscheen seien geschlossen,andere von Gaddafis Milizen umstellt worden.Ein starkes Truppen-Aufgebot kontrolliertedie Zufahrtsstraßen nach Tripolis, der letztengroßen Bastion Gaddafis.
Die Kämpfe um die Vorherrschaft mehrerer libyscherStädte gingen am Freitag weiter. Aus der Umgebungdes Ortes Zawiyah, 60Kilometer westlich vonTripolis, wurden heftige Gefechte gemeldet.Allein in Zawiyah, das bislang von den Aufständischengehalten wurde, sollen unbestätigten Berichtenzufolge am Freitag bis zu 50 Menschen umgekommenund 300 verletzt worden sein.
Auch aus dem Osten Libyens, vor allen ausAjdabiya und den Ölstädten Brega und Lanufwurden Kämpfe zwischen Oppositionskräftenund Gaddafi-Truppen gemeldet, Gaddafis Luftwaffesoll mehrere Orte mit Hubschraubern und Kampfjetsangegriffen haben. Andernorts setzt Gaddafioffenbar statt auf Bombardieren auf Schmierenmit Geld: In West-Libyen haben Gaddafis Unterhändlerangeblich versucht, sich die Unterstützungvon Stämmen und Clans mit hohen Geldsummenzu erkaufen.
Unterdessen wurde die Luft- und Seebrückefür die zehntausenden von Flüchtlingen, diein den letzten Tagen aus Libyen nach Tunesienkamen, weiter verstärkt. Die USA und etlicheeuropäische Länder schickten Flugzeuge undKriegsschiffe, um die Flüchtlinge, darunterviele ägyptische Gastarbeiter, in ihre Heimatländerzu transportieren. Gestern ging der Stromder Ankömmlinge, die über die GrenzstationRas Jdir nach Tunesien kamen, erstmals spürbarzurück. Nach Angaben des FlüchtlingshilfswerkesUNHCR wird die libysche Grenzseite nun vonGaddafi-Truppen bewacht. Dies schrecke möglicherweisedie Flüchtlinge ab. In Tunesien Ankommendeberichteten, dass sie von Gaddafi-Milizenausgeraubt und misshandelt worden seien. Nochmindestens 40000 Flüchtlinge sollen auf libyscherSeite festsitzen.