1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Liberia: Liberia: Villa mit Ausblick und kritische Nachbarn für Taylor

Liberia Liberia: Villa mit Ausblick und kritische Nachbarn für Taylor

10.08.2003, 13:16
Der liberianische Staatpräsident Charles Taylor vor Journalisten in der Hauptstadt Monrovia. (Foto: dpa)
Der liberianische Staatpräsident Charles Taylor vor Journalisten in der Hauptstadt Monrovia. (Foto: dpa) epa

Monrovia/Nairobi/dpa. - Die nigerianische Küstenstadt Calabar ist berühmt für ihre Küche. Es heißt, wer von einer Frau aus Calabar bekocht wurde, wird die Stadt nie verlassen. Stadtgespräch in diesen Tagen ist die Ankunft eines außergewöhnlichen Gastes. Mancher Nigerianer würde ihn lieber als Kriegsverbrecher vor Gericht sehen anstatt ihn demnächst zum Nachbarn zu haben.

Wenn der liberianische Präsident Charles Taylor sein Versprechen hält, übergibt er am Montag pünktlich um 12.00 Uhr die Macht an seinen Vizepräsidenten Moses Blah und reist anschließend ins Exil. In Calabar erwartet ihn eine säulengeschmückte Villa mit Ausblick auf den Fluss.

Wenn Taylor wirklich geht - was viele Liberianer auf Grund schlechter Erfahrungen noch bezweifeln - dann hinterlässt er ein Land mit tiefen Kriegswunden. Fast 14 Jahre litten die Menschen unter dem Bürgerkrieg, den Taylor zunächst als Rebellenführer und in den vergangenen sechs Jahren als Staatschef immer wieder neu entfacht hat. Eine Viertelmillion Menschen haben dabei ihr Leben gelassen.

Auch in den Nachbarstaaten Guinea und Sierra Leone soll Taylor als Kriegstreiber gewirkt und nebenbei kräftig vom Diamantenhandel profitiert haben. Ein von den Vereinten Nationen unterstütztes Gericht erließ deswegen einen internationalen Haftbefehl gegen ihn.

In den vergangenen Wochen kam es in der Hauptstadt Monrovia zu heftigen Gefechten zwischen Regierungstruppen und Rebellen. Auf beiden Seiten kämpften mit Drogen aufgeputschte Jugendliche und Kinder. Die USA verlangten Taylors Abgang. Er gilt inzwischen als destabilisierender Faktor für ganz Westafrika.

Doch ob sich die Lage nach seinem Abgang verbessert, ist nach Ansicht von Beobachtern ungewiss. Vertreter der Rebellen haben bereits gegen den Nachfolger Blah protestiert. «Er ist nur ein zweiter Taylor», sagte ein Sprecher. In der Tat ist Blah ein alter Kampfgefährte Taylors. Mit ihm zusammen zettelte er 1989 die Rebellion gegen den damaligen Präsidenten Samuel Doe an. Später wurde er Liberias Botschafter in Libyen und Tunesien.

In der ghanaischen Hauptstadt Akkra liegen längst Pläne auf dem Tisch, die über Blah hinaus gehen. Seit Juni bemüht sich die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS dort, Vertreter beider Seiten zu einem Friedensabkommen zu bewegen. Spätestens am Mittwoch soll es unterzeichnet werden. Demnach wird Blah schon nach kurzer Zeit von einer Übergangsregierung abgelöst. Daran soll niemand aus der Führungsriege der kriegstreibenden Parteien beteiligt sein. Wer die Aufgabe übernehmen soll, die notleidende Bevölkerung zu retten und das Land wieder aufzubauen, ist jedoch offen.

Ebenso offen ist die Frage, ob sich Taylor tatsächlich als Kriegsverbrecher vor Gericht verantworten wird. Nach unbestätigten Berichten hat er sich von Nigeria zusichern lassen, dass er nicht ausgeliefert wird. Ob das Land dazu verpflichtet ist, ist jedoch Auslegungssache, da das Sondergericht für Sierra Leone kein UN- Tribunal ist.

Taylors künftige Nachbarn sind keineswegs begeistert von dem Angebot, das Präsident Olusegun Obasanjo seinem geschassten Amtskollegen gemacht hat. Ein Leserbriefschreiber einer nigerianischen Zeitung lässt seinem Ärger freien Lauf: «Obasanjo sollte lieber nicht unser Geld dafür verwenden, für einen Diktator aufzukommen, der als Kriegsverbrecher vor Gericht gehört. Wenn ihm so viel daran liegt, dann soll er ihn doch auf seiner eigenen Farm unterbringen!»