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Liberia Liberia: Sex mit Minderjährigen gibt es für Bier oder ein Kilo Mehl

Von Ulrike Koltermann 08.05.2006, 14:00
Liberianer empfangen im August 2003 in Monrovia Angehörige der UN-Friedenstruppen. (Archivfoto: dpa)
Liberianer empfangen im August 2003 in Monrovia Angehörige der UN-Friedenstruppen. (Archivfoto: dpa) EPA

Monrovia/Nairobi/dpa. - In Liberia ist Sex mit minderjährigen Mädchen für wenig zu haben: Eine Fahrt in einem schicken Geländewagen, der Eintritt zu einer Videoshow, ein paar Kilo Bohnen oder Mehl oder eine Flasche Bier. Schätzungsweise jedes zweite Mädchen in den Flüchtlingslagern, das in der Pubertät ist, hat mehr oder weniger regelmäßig Sex im Tausch gegen Lebensmittel oder andereWaren. Ihre bevorzugten Kunden: Friedenstruppen der VereintenNationen und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, auch solche, die in den Lagern Kurse zur Aufklärung über Aids abhalten.

Das sind die schockierenden Ergebnisse einer Studie, die dieHilfsorganisation «Save the Children» am Montag veröffentlicht hat.Die UN-Mission hat umgehend reagiert. «Wir sehen die Notwendigkeit,dass das Bewusstsein für sexuelle Ausbeutung geschärft werden muss»,heißt es in einer abstrakt klingenden Erklärung, die das Problembürokratisch als «SEA» bezeichnet (sexual exploitation and abuse).Ein Mitarbeiter der UN-Mission in Liberia sei wegen eines solchenFalles bereits freigestellt worden. Sieben weitere Fälle würdeuntersucht.

Nach einem ähnlichen Skandal im Kongo vor zwei Jahren, wo UN-Soldaten sich Sex mit Minderjährigen erkauften, gilt offiziell einabsolutes Verbot sexueller Beziehungen mit Einheimischen jeden Altersund Geschlechts. Doch die Realität sieht anders aus. Der Hintergrundfür die enorme Ausbreitung von Kinderprostitution in Liberia ist diebittere Armut der Flüchtlinge, die drei Jahre nach Kriegsende nochimmer in Lagern leben und auf Hilfe von außen angewiesen sind.

Vor dem Krieg sei es anders gewesen, doch jetzt hätten vieleFamilien keine andere Chance, als ihre Kinder zur Prostitutionanzuhalten, berichten die Menschen in den Lagern übereinstimmend.«Viele Mütter ziehen die Kinder allein groß, weil die Väter im Krieggestorben sind. Andere Familien haben einfach nicht genug zu essenfür alle Kinder», sagt ein Flüchtling. «Das ist ein Bruch mit unsererTradition und unseren Sitten. Die Menschen haben ihre Werteaufgegeben», fügt er hinzu.

Liberia erholt sich nur langsam von dem 14 Jahre dauerndenBürgerkrieg, in dem etwa 1,3 Millionen Menschen vertrieben wurden. Esist das erste afrikanische Land, das eine Frau zur Präsidentingewählt hat. Ellen Johnson-Sirleaf hat sich bereits dafür starkgemacht, das Vergewaltiger nicht wie bisher ungestraft davon kommen.Das größte Problem wird sein, Vergewaltigungen und Sex mitMinderjährigen vor Gericht zu bringen. In den Lagern erzählenErwachsene, dass sie nicht wüssten, an wen sie sich wenden sollten -schließlich hätten Mitarbeiter von Hilfsorganisationen selbst oft Sexmit jungen Mädchen gegen geringe Bezahlung.