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Leitantrag für CDU-Parteitag Leitantrag für CDU-Parteitag: Angela Merkel möchte über Agenda 2010 hinausgehen

Von Markus Decker 04.10.2004, 17:08

Berlin/MZ. - Die Landesteile trennt bekanntlicheine scharf bewachte Grenze.

Wie bei jederlustvoll-ironischen Zuspitzung existiert einwahrer Kern. Die Stimmung ist ungefähr soschlecht wie 1976, als beinahe die Bundestags-Fraktionsgemeinschaftzwischen CDU und CSU krachen ging. Um im Bildzu bleiben: Erst die Aussicht auf einen "Krieg"ermöglichte den Frieden.

So geht es also zu zwischen Berlin undMünchen. Ein kleiner Lichtblick aus CDU-Sicht:In der Partei blieb Streit am Montag aus. DieSpitzengremien der von Angela Merkel geführtenChristdemokraten billigten den 77 Seiten starkenLeitantrag für den Bundesparteitag AnfangDezember in Düsseldorf. Das Papier dreht sichvorrangig um die Frage, wie wirtschaftlichesWachstum in Deutschland durch politische Reformenangeregt werden kann. Die CDU möchte deregulierenund flexibilisieren. Und Merkel will Reformmotorsein und bleiben. Sie befand nach der Sitzung:"Ich glaube, dass Deutschland sich entscheidenmuss. Wir brauchen noch weitere Schritte,nachdem wir die ersten gegangen sind."

Kein Zweifel, die Oppositionsführerin istentschlossen, über die Agenda 2010 hinauszugehen.Dabei haben die CDU-Sozialausschüsse ihrenWiderstand gegen die Lockerung des Kündigungsschutzesoffenbar aufgegeben. Deren aufrechter ChefHermann-Josef Arentz sprach am Montag von einer"guten Diskussion". Ziel sei es, Menschen"schneller" in Arbeit zu bringen. Dennochwerde man im Vorfeld des Düsseldorfer Parteitages"über eine ganze Reihe von Themen diskutieren".Das war ein Rückzug mit Stil in Kenntnis einstweilenunabänderlicher Machtverhältnisse. Sympathisantenhalten Arentz zugute, dass er für seine Positionwenigstens gekämpft habe.

Haarig ist und bleibt die Debatte mit derCSU über die Reform der Krankenversicherung.Die CDU favorisiert nach wie vor eine einkommensunabhängigeKopfpauschale, diese Gesundheitsprämie sollbei etwa 200 Euro liegen. Geringverdiener,die diesen Monatsbeitrag nicht leisten können,sollen einen steuerlichen Ausgleich erhalten.Die CSU hält diese Variante, deren Kostenauf etwa 40 Milliarden Euro veranschlagt werden,für nicht finanzierbar. Die Christsozialenplädieren für ein Modell, das sich durch zehnBeitragsstufen sehr wohl am Einkommen derBeitragszahler orientiert.

Zwei große Arbeitsgruppen sollen jetztLösungen vorbereiten, die dann - als Zeitrahmengalt bisher Ende Oktober - von Merkel undStoiber in einem neuerlichen Spitzengesprächbehandelt werden. Das erste Treffen zwischenbeiden Parteichefs war am vergangenen Donnerstagergebnislos geblieben.

Eine Brücke zwischen den Positionen istnoch nicht sichtbar geworden, zumal hinterden Kulissen unverändert ein harter Machtkampftobt. CSU-Vize Horst Seehofer ätzte einmalmehr - jetzt mit der Bemerkung, das CDU-Konzeptsei "erschütternd". Daraufhin beschwerte sichMerkel telefonisch bei CSU-Chef Edmund Stoiber,der wiederum seine Bereitschaft zu weiterenraschen Beratungen erklärte.

Ein CDU-Vorständler meinte gleichwohl resigniert:"Stoiber sitzt am längeren Hebel." Unklarsei nur, mit welcher Konsequenz er davon Gebrauchmache.