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Lebensmittel Lebensmittel: Rot, gelb, grün und keine Entscheidung

03.02.2009, 18:11
«Energieriegel» liegen hinter einer Spielzeug-Ampel in Schwerin, die rot, gelb und grün leuchtet. (FOTO: DPA)
«Energieriegel» liegen hinter einer Spielzeug-Ampel in Schwerin, die rot, gelb und grün leuchtet. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Berlin/dpa. - «Frau Aigner ist für eine bestmöglicheVerbraucherinformation», hieß es am Dienstag aus Ministeriumskreisennach einem Treffen der Ministerin mit Spitzenvertretern derErnährungsindustrie, des Handels und der Verbraucherzentralen. DieGespräche seien konstruktiv verlaufen. Nun müsse geprüft werden, wasüber die jetzige freiwillige Kennzeichnung von Kalorien, Zucker, Salz und Fett hinaus möglich sei. Die Industrie lehnt eine Ampel-Kennzeichnung als zu einfach ab.

Der Druck auf Aigner wächst. Die SPD-Fraktion, die Opposition, dieVerbraucherminister der Länder sowie Verbraucherschützer undInnungskrankenkassen forderten am Dienstag die Einführung derAmpel-Kennzeichnung. «Es gibt eine klare Mehrheit in derBevölkerung für eine Ampel-Kennzeichnung, und die Bundesländerfordern eine Ampel-Kennzeichnung», sagte SPD-Fraktionsvize UlrichKelber der Deutschen Presse-Agentur dpa. Aigner bleibe sonst aufeiner «verbraucherfeindlichen Position».

Die Lebensmittelwirtschaft lehnt die Ampelfarben strikt ab. DieAmpel berge die Gefahr, «dass man nur noch rot sieht und am Ende nurnoch grüne Lebensmittel kauft», sagte der Geschäftsführer des Bundesfür Lebensmittelrecht und -kunde, Peter Loosen, dem Sender MDR Info.Das könne auch zu Mangelernährung führen. Der Markenverband warntevor einer Diskriminierung hochwertig hergestellter Lebensmittel.

Die Innungskrankenkassen halten das Ampel-System dagegen fürsinnvoll. «Es muss einfach und schnell erkennbar sein, ob der Einkaufgesund oder nicht gesund ist», teilte der Geschäftsführer desBundesverbands der Innungskrankenkassen, Rolf Stuppardt, mit. DieVorsitzende der Verbraucherministerkonferenz der Länder, BerlinsSenatorin Karin Lompscher (Linke), forderte eine europaweiteverbindliche Kennzeichnung in Ampelfarben. «Deutschland könnte hierVorreiter sein», sagte sie der «Passauer Neuen Presse».

Bei dem Ampel-Modell stehen Rot, Gelb und Grün für einen hohen,mittleren oder niedrigen Anteil an Zucker, Salz oder Fett. InGroßbritannien gibt es diese Regelung bereits auf freiwilliger Basis.In Deutschland hatten Wirtschaft und Aigners Vorgänger Horst Seehofer(CSU) ein System vereinbart, bei dem Kalorien, Zucker, Fett, Salz undgesättigte Fettsäuren in Prozent vom Tagesanteil angegeben werden.Seehofer hatte sich für ein Farbsystem ausgesprochen, nachdem eineUmfrage hierfür eine Mehrheit in der Bevölkerung ergeben hatte.

Der FDP-Verbraucherpolitiker Hans-Michael Goldmann warnte voreiner erzwungenen Regelung in Rot, Gelb und Grün. Die Linksfraktionsieht die Ampel-Kennzeichnung als Mutprobe für Aigner. «Fett- oderzuckerreiche Kalorienbomben müssen beim Einkauf auf den ersten Blickzu erkennen sein.» Auch die Grünen dringen auf das Ampel-System.

Nach Ansicht der Verbraucherorganisation Foodwatch sollteDeutschland notfalls einen europäischen Alleingang unternehmen. Inder EU ist noch offen, welches System sich zur verbessertenLebensmittelkennzeichnung durchsetzt.

Das Modell der Lebensmittelindustrie und der «Ampel»-Vorschlag der Verbraucherschützer im Vergleich. (GRAFIK: DPA)
Das Modell der Lebensmittelindustrie und der «Ampel»-Vorschlag der Verbraucherschützer im Vergleich. (GRAFIK: DPA)
dpa