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Landtagswahl in Niedersachsen Landtagswahl in Niedersachsen: Die Grünen können mit dem Resultat gut leben

15.10.2017, 22:28
Die Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Simone Maria Peter (l-r), Agrarminister Christian Meyer, Spitzenkandidatin Anja Piel, Landessvorsoitzende Meta Janssen-Kucz, Umweltminister Stefan Wenzel und Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic bei der Wahlparty.
Die Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Simone Maria Peter (l-r), Agrarminister Christian Meyer, Spitzenkandidatin Anja Piel, Landessvorsoitzende Meta Janssen-Kucz, Umweltminister Stefan Wenzel und Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic bei der Wahlparty. dpa

Hannover - Als Cem Özdemir am Sonntagabend vor die Presse trat, da war er so cool wie die ganzen letzten Wochen schon. Zwar hatten die Grünen bei der niedersächsischen Landtagswahl rund fünf Prozentpunkte verloren. Doch das hatte wohl weniger mit dem Übertritt der Landtagsabgeordneten Elke Twesten zur CDU-Fraktion zu tun, der die Neuwahl auslöste, als mit der Tatsache, dass die Grünen bei der letzten Landtagswahl sensationelle 13,7 Prozent geholt hatten. Dies war in ihrer Hochphase nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima.

So sagte der grüne Parteichef nun, die Grünen hätten bei der Landtagswahl immerhin ihr zweitbestes Ergebnis eingefahren. Und trotzdem täten die Verluste natürlich weh.

Özdemir ermahnt die Liberalen

Die Neuwahl – so viel ist gewiss – hat für die kleinen Parteien jenseits der AfD zwei akzeptable Ergebnisse und ein weniger akzeptables gebracht.

Die Grünen können mit dem Resultat gut leben, die FDP trotz eigener Verluste ebenso. Sogar ein Fortbestand des rot-grünen Bündnisses schien am Sonntagabend möglich. Damit hatte zuvor niemand gerechnet. Dennoch ermahnte Özdemir die Liberalen, dass alle Parteien untereinander gesprächs- und koalitionsfähig sein müssten.

Die nämlich hatten ein Bündnis mit SPD und Grünen – die so genannte Ampel – vor der Wahl ausgeschlossen. Die Begründung lautete: Man wolle in Hannover einen Neuanfang. Der grüne Vorsitzende hält eine solche „Ausschließeritis“ für falsch. In seiner Partei ist man außerdem der Auffassung, dass Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil aufgrund der sozialdemokratischen Zugewinne und des Status der SPD als stärkste Kraft einen klaren Regierungsauftrag habe.

Jamaika-Gespräche nach der Bundestagswahl beginnen

Dieser Umstand kommt den Grünen auch deshalb zupass, weil es angesichts der am Mittwoch beginnenden Jamaika-Gespräche in Berlin nicht den Eindruck entstehen lässt, sie wechselten vollständig ins bürgerliche Lager. Bereits am Freitag hatte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter in dieser Zeitung unterstrichen, seine Partei trete nicht einem Mitte-rechts-Bündnis bei.

Allein für die Linke sieht es in Niedersachsen erneut schlecht aus. Im Zuge der Parteigründung und im Widerstand gegen die Agenda 2010 erzielte sie dort 2008 rund 7,1 Prozent. Als sich die Linke Anfang des Jahrzehnts heillos zerstritt, flog sie in Hannover wie auch andernorts dann aber fünf Jahre später wieder aus dem Landtag raus. Den Wiedereinzug schaffte sie am Sonntag nicht, sondern scheiterte wie im Mai in Nordrhein-Westfalen an der Fünf-Prozent-Hürde, so dass die Westausdehnung insgesamt stockt. Zwar legte die Partei bei der Bundestagswahl im Westen zu. Im Osten, ihrer eigentlichen Hochburg, verlor sie indes weiterhin Boden an die AfD. Die Linke bleibt im Westen unverändert allein in vier Landtagen vertreten: in Bremen, Hamburg, Hessen und dem Saarland.

Kipping sucht die Schuld bei den Volksparteien

Die Parteivorsitzende Katja Kipping führte das Scheitern am Sonntag auf die Polarisierung zwischen den Volksparteien zurück, der die Linke nicht habe entrinnen können. Dass das Wiederaufflammen parteiinterner Meinungsverschiedenheiten und persönlicher Intrigen um Kipping, ihren Co-Vorsitzenden Bernd Riexinger, die Fraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn und Ex-Parteichef Oskar Lafontaine die entscheidenden Stimmen gekostet hat, wollen einzelne Linke nicht ausschließen. Am Montag wird sich der Vorstand damit befassen, am Dienstag und Mittwoch tagt die Fraktion in Klausur.

Aufs Ganze gesehen hat sich in Niedersachsen der Trend der letzten Wahlen verstärkt, auch die Gewinne der SPD und der Misserfolg der Linken ändern daran nichts: Die Volksparteien schwächeln –  mal die eine, mal die andere oder beide zusammen. Das Gewicht der kleinen Parteien wächst.

So ist die Niedersachsen-Wahl für Berlin lediglich insofern von Belang, als jetzt die Jamaika-Gespräche im Regierungsviertel endlich ohne falsche Rücksichtnahmen beginnen können. Die gestrigen Nickeligkeiten nicht zuletzt der Vertreter der kleinen Parteien in der „Berliner Runde“ des ZDF lassen heikle Gespräche erwarten.