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Landtag in Hessen Landtag in Hessen: Max Mustermann stiehlt Bouffier die Show

Von Thomas Maier 18.01.2014, 16:55
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) tritt nach seiner Wiederwahl ans Rednerpult.
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) tritt nach seiner Wiederwahl ans Rednerpult. dpa Lizenz

Wiebaden/dpa - Der Jubel in der CDU ist riesig, als nach Wiederholung des Wahlgangs das Ergebnis verkündet wird. Ein erleichterter Volker Bouffier fällt zuerst seinem Fraktionschef in die Arme, dann geht der Blick hoch auf die Besuchertribüne zu Ehefrau Ursula und der zu Tränen gerührten Mutter. Im zweiten Anlauf wird der 62-Jährige am Samstag vom Landtag in Wiesbaden mit 62 von 109 Stimmen zum Chef einer schwarz-grünen Regierung gewählt.

Bouffier darf sich jetzt rühmen, als erster in einem deutschen Flächenland eine solche Koalition anzuführen. Doch den großen historischen Moment hat ihm bei der konstituierenden Sitzung des neuen hessischen Landtags ein Unbekannter namens Max Mustermann gestohlen.

Fehldruck entdeckt

Dieser steht beim ersten Wahlgang auf mehreren Stimmzetteln anstelle von Bouffier zur Wahl - zum Beispiel beim Grünen-Abgeordneten Frank Kaufmann. Als dieser das moniert, wird ein weiterer Fehldruck entdeckt und ausgetauscht. Doch einer ist - unbemerkt - bereits in der Urne gelandet. Noch bevor die Wahl nach der Auszählung für ungültig erklärt wird, machen die betretenen Gesichter bei der Union deutlich, dass etwas Gravierendes schiefgelaufen ist.

„Unschön“ findet das anschließend Bouffiers Staatskanzlei-Chef Axel Wintermeyer. Der CDU-Minister macht keinen Hehl aus seinem Ärger über die Landtagsverwaltung, die Hessen bundesweit der Lächerlichkeit preisgibt. Diese hatte die Mustermann-Zettel einige Tage vor der Wahl den Fraktionen zur Ansicht geschickt. Am Samstag wurden dann offenbar einige davon irrtümlich in den Stapel mit den vorbereiteten Bouffier-Zetteln gemischt.

"Zweckorientierte" Allianz mit CDU

Hessens Regierungschef darf sich aber über einen Trostpreis freuen. Im ersten Wahlgang haben 60 Abgeordnete für ihn gestimmt. Eine Stimme - vermutlich aus den schwarz-grünen Reihen - geht an Max Mustermann. Beim zweiten Versuch erhält Bouffier dann 62 Stimmen - eine mehr als CDU und Grüne im Landtag Abgeordnete haben. Es könnte also sein, dass einer aus der stark geschrumpften Sechserriege der FDP Mitgefühl mit dem alten Chef gehabt hat. Man hätte gern zusammen weiterregiert.

Dagegen wirkt Bouffiers neuer Vize, der grüne Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, während der Wahl ernst und angespannt. „Ob das Ganze historisch ist, wird man in ein paar Jahren, vielleicht Jahrzehnten, sehen“, sagt er vor der Sitzung. Der 43-Jährige betont immer wieder, die Allianz mit der CDU sei vor allem zweckorientiert. Am Ende lächelt Al-Wazir dann doch, als er frisch vereidigt neben dem Ministerpräsidenten erstmals auf der Regierungsbank Platz nimmt. Auf diesen Augenblick hat der bisherige Fraktionschef der Grünen 14 Jahre lang gewartet.

Kartmann wird Landtagspräsident

„Was viele vor Wochen noch für unmöglich gehalten haben, ist heute Realität geworden“, sagt Bouffier in seiner Dankesrede nach der Wahl. Er beschwört den neuen „Geist des Gesprächs“ - in Hessen haben sich Regierung und Opposition jahrelang im Landtag heftig bekämpft.

Die neue Harmonie haben die fünf Parteien im Landtag am Samstag gleich dafür genutzt, sich im gegenseitigen Einvernehmen jeweils einen Vizepräsidenten zu sichern. Bisher waren es nur vier. Die CDU stellt mit dem 65-jährigen Norbert Kartmann außerdem noch den Präsidenten. Für dessen Wiederwahl stimmt - gemäß der internen Absprache - sogar die Linke.

Nur der Alterspräsident kann dieser Postenvermehrung nichts abgewinnen. „Ein Nachdenken über diesen Vorgang kann nicht schaden“, hält Horst Klee zur Eröffnung der konstituierenden Sitzung seinen Kollegen vor. Der 74-jährige CDU-Mann ist als unabhängiger Kopf bekannt.