Kriminalität Kriminalität: Erfurter Amokläufer hatte möglicherweise Mitwisser
Erfurt/ddp. - Zum Massaker am Erfurter Gutenberg-Gymnasium wird es möglicherweise neue staatsanwaltschaftliche Ermittlungen geben. Die Sichtung der Akten durch eine Kommission des Justizministeriums habe Spuren ergeben, die einer weiteren Prüfung bedürfen, sagte Justizminister Karl Heinz Gasser (CDU). Einzelheiten nannte Gasser auch auf Nachfrage nicht, deutete aber an, dass der Täter Robert Steinhäuser möglicherweise einen Mitwisser gehabt habe. Steinhäuser hatte am 26. April 2002 in dem Gymnasium 16 Menschen erschossen und sich dann selbst getötet. Wegen anhaltender Zweifel an den Ermittlungsergebnissen und der Kritik am Polizeiensatz hatte die Landesregierung Anfang Januar Gasser damit beauftragt, noch einmal alle Ermittlungsakten zu dem Massaker zu überprüfen.
Nach Angaben Gassers ist der von den Ermittlungsbehörden rekonstruierte Tatablauf im wesentlichen bestätigt worden. Die erneute Überprüfung aller Unterlagen habe keine Hinweise auf einen zweiten Täter erbracht. Der nachgestellte Tatablauf habe bestätigt, dass Steinhäuser «allein und ohne jegliche Unterstützung eines Zweiten gehandelt hat», sagte Gasser. Die Kommission sei ferner zu dem Schluss gekommen, dass keines der Opfer hätte überleben können, selbst wenn es früher geborgen worden wäre. Das gelte auch für den Lehrer Hans Lippe, der noch knapp zwei Stunden gelebt habe. Dessen Verletzungen seien so schwer gewesen, dass er auch bei früherer Versorgung gestorben wäre. Auch der Einsatz des Sondereinsatzkommandos sei nachvollziehbar, sagte Gasser. Die Vorgehensweise, das Gebäude Raum für Raum zu sichern, sei aufgrund der Informationslage nicht zu kritisieren. Allerdings sei die Kommunikation zwischen den Einsatzkräften und den Rettungskräften unzureichend gewesen.
Angehörige der Opfer äußerten Kritik an dem Bericht. Die Ergebnisse würfen Tausend neue Fragen auf, sagte die Witwe von Peter Wolff, Utta Wolff. Sie fühlten sich hintergangen und noch mehr verunsichert als vorher. Eric Langer, der Lebensgefährte eines der Opfer, sagte, er sei «sehr frustriert». Konsequenzen würden vollkommen ausgespart. Auf die von ihm und weiteren Angehörigen erstatteten Strafanzeigen wegen unterlassener Hilfeleistung und Strafvereitelung im Amt habe der Bericht keinen Einfluss. Er werde «noch nachlangen». Eine Liste mit 30 Fragen sei für ihn noch offen.