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Krieg im Irak Krieg im Irak: Viele US-Soldaten sind arme Einwanderer

Von Friedemann Diederichs 07.04.2003, 18:28
Der junge US-Elitesoldat Sergeant Matt Eversman (Foto: dpa)
Der junge US-Elitesoldat Sergeant Matt Eversman (Foto: dpa) Senator

Washington/MZ. - Der Stabsgefreite Jose Garibay war 18 Jahre alt, als er sich bei der US-Marineinfanterie bewarb, und gerade 21, als er im Gefecht um die Stadt Nasirija durch die Kugel eines irakischen Scharfschützen starb. Der Stabsgefreite Jesus de Solar kam 1997 aus Mexiko nach Kalifornien, um den amerikanischen Traum zu leben, und wurde als 20-Jähriger am Wochenende im Süden Bagdads von einer Granate zerrissen.

Der Gefreite Francisco Flores, 22 Jahre alt und ebenfalls in Mexiko geboren, ertrank in der ersten Kriegswoche in den Fluten des Euphrat, als sein Panzer während einer Nachtattacke von einer Brücke in den Fluss stürzte.

Die Fotos in den Nachrufen, die in diesen Tagen in den US-Zeitungen den "toten Helden" gewidmet sind, fallen vor allem durch eines auf. Sie zeigen fast immer jungenhafte Männer in prunkvollen Uniformen, meist kaum älter als 20 Jahre, die nach kurzer Grundausbildung - dem so genannten "boot camp" - ins Gefecht geschickt wurden und die zu einem großen Teil ethnische Minderheiten repräsentieren. Für die mexikanischen Einwanderer Garibay, de Solar und Flores war die US-Armee, wie ihre Lebensläufe zeigen, der Hoffnungsträger zu einem gesellschaftlichen Aufstieg und zur amerikanischen Staatsbürgerschaft.

Diese besaß bereits die 23-jährige Lori Piestewa aus dem Reservat der Hopi-Indianer im US-Bundesstaat Arizona. Die Mutter zweier Söhne, drei und vier Jahre alt, fiel jetzt als erste Frau im Kampfeinsatz, als ihre Versorgungskolonne in einen Hinterhalt geriet. Lori Piestewa hatte das Zimmer bei ihrer Armee-Ausbildung in Texas mit der 19-jährigen Jessica Lynch geteilt - jener jungen Soldatin, die vergangene Woche durch einen spektakulären nächtlichen Sondereinsatz aus einem irakischen Hospital befreit wurde und eigentlich von der Schule nur zur Armee ging, um sich eine Ausbildung als Lehrerin zu verdienen.

Dass Amerikas Fronttruppen vor allem aus jungen Männern und Frauen bestehen, die oft aus sozial schwachen Schichten kommen und fast immer ohne vorherige Erfahrung ins Gefecht geworfen werden, ist vielen Kritikern schon seit dem Afghanistan-Feldzug ein Dorn im Auge. Besonders lautstark ist dabei der demokratische Kongressabgeordnete Charles Rangel aus New York, in dessen Wahlkreis vorwiegend Farbige leben. Seit Monaten setzt sich Rangel vehement für die Wiedereinführung des "draft" ein, also der allgemeinen Wehrpflicht.

"Es ist einfach nicht fair", sagt Rangel, "dass wir ausgerechnet jene Menschen bitten, den Krieg zu führen, die aus wirtschaftlichen Gründen zum Militär gekommen sind." Nach Rangels Auffassung, die sich auf Statistiken zur Herkunft und Bildung der Armeeangehörigen stützt, sei der Anteil farbiger und einkommensschwacher Soldaten gerade in den unteren Rängen wesentlich höher als in anderen Branchen.

Im Pentagon argumentiert man hingegen unter anderem, dieses Phänomen zeige doch, dass die Armee gerade für diese Gesellschaftsgruppe besondere Chancen biete. Auch Korporal Jose Garibay habe diese Chance erkannt, sagte seine in Kalifornien lebende Schwester: "Obwohl mein Bruder sich als Mexikaner fühlte, liebte er das Land, in dem er wohnte. Deshalb zog er auch für die USA in den Krieg und sagte, er werde als Held zurückkommen."

Jetzt hat die US-Regierung Jose Garibay posthum die amerikanische Staatsbürgerschaft verliehen. Er wird, wie die anderen Gefallenen, seine letzte Ruhestätte auf dem Heldenfriedhof Arlington finden.