Krieg im Irak Krieg im Irak: 5. Woche: Vize-Regierungschef stellt sich den USA

Bagdad/Washington/dpa. - Nach US-Medienberichten stellte sich der 67-jährige Asis amDonnerstag in einem von Christen bewohnten Stadtteil Bagdads, nachdemer sich über einen Sohn und Freunde in den USA zuvor mehrfach übersein zu erwartendes Schicksal in US-Gewahrsam erkundigt hatte. InWashington hieß es, das US-Militär habe keinerlei Zugeständnissegemacht. Nach Meldungen des arabischen TV-Senders wurde am Freitagauch ein früherer irakischer Geheimdienstchef im Nordirak nahe derGrenze zu Syrien gefasst. Faruk Hidschasi stand nicht auf der Listeder 55.
Unbekannt ist, wie die Anklagepunkte gegen die bislangfestgenommenen irakischen Führungsmitglieder lauten und wie ihnen derProzess gemacht werden soll. Nach Expertenangaben könnten ihnenKriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Lastgelegt werden. Die US-Armee bringt die hochrangigen GefolgsleuteSaddams nach eigenen Angaben außer Landes. Weniger prominenteGefangene würden dagegen nach wie vor in der Umgebung des Flughafensvon Bagdad festgehalten, sagte Armee-Hauptmann Jared Robbins inBagdad.
Während der Invasion Kuwaits und des folgenden Golfkriegs von 1991war Asis Außenminister und galt als gewandter Diplomat. Der Mann mitden schlohweißen Haaren und der dicken Brille konferierte mitAußenministern in aller Welt und UN-Generalsekretär Kofi Annan. Aufder Fahndungsliste der 55 Gesuchten stand er an 43. Stelle.
Er war mit seinen guten Englischkenntnissen und gewandtemAuftreten auf internationaler Bühne das Gesicht und Sprachrohr desdes irakischen Regimes. Asis gehörte seit Jahrzehnten zum engstenFührungszirkel von Saddam Hussein und stand bis zuletzt loyal zumRegime in Bagdad. Als Christ und Nicht-Mitglied des Tikriti-Clans umSaddam war er dennoch eine Ausnahmeerscheinung innerhalb der Führung.In einem Interview hatte Asis noch Ende Januar versichert, er werde«lieber sterben» als «in ein amerikanisches Gefängnis, nachGuantanamo» zu gehen.
Die von den Amerikanern festgehaltenen Mitglieder der irakischenFührungsriege müssen nach Ansicht des Internationalen Komitees vomRoten Kreuz (IKRK) entweder formal angeklagt oder sobald wie möglichfreigelassen werden. «Die Liste der meistgesuchten Iraker hat keinerechtliche Bedeutung», sagte Antonella Notari, die Sprecherin desIKRK.
Washington will nach einem Bericht der «Washington Post» schon inder nächsten Woche in New York eine UN-Resolution zur Aufhebung derSanktionen gegen den Irak einbringen. Darin solle die Führungsrolleder USA im Irak eindeutig festgeschrieben werden, schrieb die Zeitungam Freitag. Mit der geplanten UN-Resolution wolle Washington einemfranzösischen Vorschlag Wind aus den Segeln nehmen, der zunächst nureine Aussetzung der Sanktionen vorsieht.
Nach dem US-Vorschlag, der möglicherweise noch modifiziert werde,soll UN-Generalsekretär Kofi Annan lediglich einen Sonderbeauftragtenbenennen, der mit der amerikanischen Zivilverwaltung in humanitärenund Wiederaufbau-Fragen zusammenarbeiten soll.
Auch sollen die Öl-Einkünfte des Iraks nicht mehr in das UN-Programm «Öl für Lebensmittel» fließen, sondern in einen Fonds beider irakischen Nationalbank. Das Geld soll dann auf Weisung des US-Zivilverwalters im Irak, Jay Garner, oder einer irakischenÜbergangsverwaltung für den Wiederaufbau genutzt werden.
Die US-Truppen werden nach den Worten von US-Präsident George W.Bush «so lange wie nötig» im Irak bleiben. Auf eine entsprechendeFrage sagte Bush im Fernsehsender NBC, die Anwesenheit der Truppenkönnte zwei Jahre oder weniger dauern. Die USA würden das Land abererst verlassen, wenn «wir unsere Mission erfüllt haben».
Er räumte indirekt ein, dass im Irak bislang keineMassenvernichtungswaffen gefunden wurden. Die Suche danach hatte dieRegierung als einen Hauptgrund für den Krieg genannt. «Wir wissen,dass (Saddam Hussein) sie besaß. Ob er sie zerstört, verlegt oderversteckt hat - wir werden die Wahrheit herausfinden», sagte Bush.
Der britische Außenminister Jack Straw deutete an, dass die USAund Großbritannien nach seiner Meinung nicht unbedingtMassenvernichtungswaffen im Irak finden müssen, um ihren Krieg zurechtfertigen. «Die Leute versuchen jetzt irgendwie den Eindruck zuerwecken, dass die Entscheidung für eine Militäraktion ganz davonabgehangen hat, dass man nachher chemisches und biologischesWaffenmaterial finden würde», sagte Straw am Freitag in einemRundfunk-Interview mit dem britischen Sender BBC. «Das war nicht derFall.»
Straw sprach sich für die erneute Entsendung von UN-Waffeninspekteuren in den Irak aus. Das hänge aber von Verhandlungenab.
