Korruption Korruption: Dutzende deutsche Firmen zahlten Schmiergelder an Saddam

New York/dpa. - Das geht aus dem Abschlussbericht einerUntersuchungskommission unter dem Vorsitz des früheren US-Notenbankchefs Paul Volcker hervor. Der 623-seitige Report überKorruption und Bestechung bei der Abwicklung des größtenHilfsprogramms in der UN-Geschichte - «Öl für Lebensmittel» - wurdeam Donnerstag (Ortszeit) in New York veröffentlicht.
Dabei hatte Saddam für Aufträge Schmiergeld verlangt. Zahlungendieser Art sind bei internationalen Geschäften üblich, waren aberwegen der UN-Sanktionen und Bestimmungen des Programms verboten. «DerGrundfehler war, dass Bagdad seine Geschäftspartner selbst aussuchenkonnte», stellte Volcker vor der Presse fest.
Der Schweizer Strafrechtsexperte und leitende Mitarbeiter derVolcker-Kommission, Professor Mark Pieth (Basel), hob in New York dieGroßunternehmen Siemens, DaimlerChrysler und Volvo hervor. Es seimöglich, dass die Justiz den Fällen nachgehen und Strafverfahrengegen die Firmen einleiten werde. In dem Bericht sind unter anderemauch Fresenius, Ruhrpumpen und Carl Zeiss aufgeführt.
DaimlerChrysler lehnte am Freitag in Stuttgart jede Stellungnahmezu den Ergebnissen der Untersuchung unter Hinweis auf laufende undErmittlungen der US-Börsenaufsicht und des amerikanischenJustizministeriums ab. Siemens in München stellte fest, dass sich dieAnschuldigungen nicht gegen die Siemens AG, sondern gegen dieTochterunternehmen Siemens Frankreich, Siemens Türkei sowie gegenOsram Middle-East richteten. Eigene Nachforschungen hätten aber dieUN-Vorwürfe gegen die Siemens-Töchter nicht bestätigt.
Nach einem Bericht der «Berliner Zeitung» (Wochenendausgabe) sollden UN-Angaben zufolge auch die Firma des Präsidenten des deutschenIndustrie- und Handelskammertags (DIHK), Ludwig Georg Braun, BraunMelsungen, verwickelt sein. Laut Bericht der Volcker-Kommission solldas zu 100 Prozent im Familienbesitz stehende und auf die Produktionvon medizinisch-chemisch-pharmazeutischen Produkten spezialisierteUnternehmen Bestechungszahlungen in Höhe von 569 750 Dollar an dieSaddam-Administration geleistet haben. Firmenchef Ludwig-Georg Braunbestreitet das jedoch entschieden: «Wir haben keinerlei Zahlungen anden Irak geleistet», sagte Braun.
Pieth erklärte sich in New York «sehr enttäuscht, dass 2200 Firmender Creme der Weltwirtschaft den Zahlungen zustimmten, um Irak-Geschäfte zu machen». Seinen Angaben zufolge verlangte BagdadSchmiergelder von zehn und mehr Prozent für Ölexportverträge sowiefür Verträge zum Import humanitärer sowie technischer Güter. DieAufpreise brachten ihm dem Bericht zufolge mehr als drei MilliardenDollar ein. Weitere elf Milliarden Dollar Gewinn machte Saddam mitillegalem Öl-Schmuggel. Volcker erhob schwere Vorwürfe gegen dieVereinten Nationen, die das Hilfsprogramm organisiert undkontrolliert hatten. «Ihr Versagen ist klar erkennbar».
Die russische Regierung kritisierte die Arbeit der UN-Ermittler.«Von den Dokumenten, die man uns gezeigt hat, waren viele gefälscht»,sagte Außenminister Sergej Lawrow. Neben dem mittlerweile größtenrussischen Ölkonzern Lukoil werden in dem Bericht auch einflussreicherussische Politiker genannt, darunter der stellvertretendeParlamentschef Wladimir Schirinowski sowie der Vorsitzende derKommunistischen Partei, Gennadi Sjuganow.