Konflikt Saudi-Arabien gegen Iran Konflikt Saudi-Arabien gegen Iran: Begrenzte Bestürzung
Berlin - Nach der Hinrichtung 47 politischer Gefangener und schiitischer Führer in Saudi-Arabien wird in Deutschland darüber debattiert, on der bisherige außenpolitische Kurs gegenüber der Wüstenmonarchie gescheitert ist.
Ja, findet die Opposition – und fordert einen Kurswechsel: „Deutschland sollte die strategische Partnerschaft mit Saudi Arabien beenden und könnte dadurch die Rolle eines Mediators zwischen den Saudis und dem Iran einnehmen“, sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, der MZ. Auch die Linksfraktion verlangte gestern einen Bruch mit dem saudischen Königshaus und ein Ende aller Rüstungsexporte in das Land.
So weit gehen die Koalitionsfraktionen noch nicht, plädieren aber für deutliche Signale. „Es darf jetzt nicht der Eindruck entstehen, dass wir einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagt der Außen-Experte der SPD-Fraktion, Niels Annen. Der Vorsitzende der deutsch-arabischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Michael Hennrich (CDU), sprach sich sogar für einen Stopp der Waffenexporte aus – obwohl seine Fraktion Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel jüngst für zu restriktive Genehmigungen solcher Exporte kritisierte.
Wegen der Ölvorkommen und des saudischen Einflusses auf die Region betrachtet der Westen das Land bislang als „Stabilitätsanker“ und strategischen Partner.
Die Bundesregierung sieht die derzeitigen diplomatischen Konfrontationen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran „mit größter Bestürzung“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Regierung appelliere an beide Parteien, den Konflikt nicht weiter zu eskalieren. Zwar verschärften der Außen- und der Wirtschaftsminister sogar den Ton: Nach jahrelangen Bemühungen der Weltgemeinschaft um Frieden in der Region seien auch Saudi-Arabien und der Iran nun „in der Pflicht, etwas zur Krisenbewältigung beizutragen“, ließ Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklären. Gabriel erklärte, er werde Rüstungsexporte künftig noch genauer prüfen. Im Jahr 2014 hatte das Wirtschaftsministerium Rüstungslieferungen für 209 Millionen Euro nach Saudi-Arabien genehmigt, darunter Kriegswaffen für 51 Millionen Euro.
Rufe nach einem Bruch mit dem Königshaus oder nach Wirtschaftssanktionen wies die Bundesregierung aber zurück. Außenpolitiker Nouripour nannte die Massenexekutionen ein Zeichen interner Machtkämpfe zwischen Wahabiten und Sittenpolizei auf der einen Seite und den aufgeschlosseneren Kräften im saudischen Königshaus. Nun drohe ein Aufstand der Schiiten im Osten des Landes, wo aber auch die größten Ölquellen liegen.
SPD-Politiker Niels Annen hält die Hinrichtung von Al-Nimr für eine politische Provokation des Iran sowie der Schiiten im eigenen Land, mit der die konservativen Kräfte die Annäherungen an den Iran sabotieren wollten . „Angesichts des deutschen Engagements, Iran und Saudi-Arabien in eine Befriedung der Region einzubinden, widerspricht das auch deutschen Interessen.“
Nun sei eine klare Botschaft an die saudische Führung nötig. Zugleich gebe es keine Alternative zur bisherigen Politik: Rufe nach Wirtschaftssanktionen halte er für unrealistisch. Deutschland sei keine Weltmacht, die den Saudis oder anderen Akteuren vorschreiben könne, was sie zu tun hätten. „Uns bleibt nur, auf stete Überzeugungsarbeit zu setzen, auch um das Morden in Syrien zu beenden“, sagte Annen. (mz)