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Konflikt in Mali Konflikt in Mali: Sicherheitsexpertin für Bundeswehr-Einsatz gegen Terrorismus

08.06.2019, 08:00
Ein Soldat der Bundeswehr steht am Flughafen nahe des Stützpunktes Gao im Norden Malis.
Ein Soldat der Bundeswehr steht am Flughafen nahe des Stützpunktes Gao im Norden Malis. dpa

Halle (Saale) - Zweimal war Julia Egleder bereits in Mali, um sich vor Ort über den Einsatz der Bundeswehr in dem westafrikanischen Land zu informieren. In Halle hat die Expertin für Sicherheitspolitik, die auch für das Magazin „Loyal“ des Reservistenverbandes schreibt, in einem Vortrag über ihre Erfahrungen berichtet. Eingeladen wurde sie von der Sektion Halle der Gesellschaft für Sicherheitspolitik. Im Rahmen des Vortrags sprach MZ-Reporter Julius Lukas mit Egleder über den Konflikt in Mali und warum die Bundeswehr dort aktiv ist.

Frau Egleder, Sie kennen Mali nicht nur aus der Ferne, sondern waren bereits zweimal vor Ort. Was waren die stärksten Eindrücke für Sie?
Julia Egleder: Beeindruckt hat mich das Camp der Bundeswehr. Das ist in Gao, einer Stadt, die mitten in der Wüste liegt. Dort wurde das Lager einfach in den Sand gebaut. Eine richtige kleine Stadt mit allem, was die Soldaten brauchen - von sanitären Einrichtungen über eine Kantine bis zu einem Krankenhaus.

Der Konflikt wurde maßgeblich von radikalislamistischen Terrorgruppen ausgelöst. Handelt es sich um einen religiösen Konflikt?
Egleder: Nur am Rande. Im Land sind eigentlich alle Muslime. Die Bevölkerung praktiziert aber einen sehr offenen Islam, keinen fundamentalen wie etwa in Saudi-Arabien. 2012 jedoch rebellierten Tuareg-Nomaden im Norden Malis. Sie fühlten sich seit geraumer Zeit schon von der Regierung im Süden benachteiligt. Damals war gerade Muammar al-Gaddafi in Libyen gestürzt worden. An dessen Waffenkammern bedienten sich auch die Tuareg. So gestärkt, überrannten sie dann große Teile Malis. Dabei schlossen sie sich auch mit islamistischen Gruppen zusammen. Allerdings geht es dabei weniger um Religion, sondern viel mehr um Macht und Einfluss. Und es gibt auch nicht nur eine Konfliktpartei, sondern viele.

Welche denn noch?
Egleder: Neben den Tuareg, die Autonomie fordern, gibt es die genannten islamistischen Gruppen, die die Bevölkerung angreifen und einschüchtern. Hinzu kommen noch Menschen-, Waffen- und Drogenhändler, die ihre kriminellen Interessen verteidigen wollen. Und zunehmend sind auch blutige Landstreitigkeiten zu beobachten. Viehhirten müssen aufgrund der klimatischen Veränderungen auf Flächen ausweichen, die eigentlich von anderen Bauern bewirtschaftet werden. Auch da wird Streit mit Gewalt ausgetragen. Es ist also ein vielschichtiger Konflikt, das macht es nicht einfach.

Für die Bundeswehr ist es der zweitgrößte Auslandseinsatz. Warum sind so viele deutsche Soldaten in Mali?
Egleder: Es geht zum einen darum, Terrorismus zu bekämpfen. Ließe man in Mali extremistische Gruppen erstarken, dann könnte dort ein zweiter Islamischer Staat entstehen. Und der wäre dann ein sicherer Hafen für Terroristen, die wiederum Anschläge in Europa verüben könnten. Mali würde wie das Afghanistan der 1990er Jahre werden. Das will niemand. Hinzu kommt, dass man auch Flüchtlingsströme eindämmen möchte. Eine Gewaltherrschaft in Mali würde die Region destabilisieren. Menschen würden fliehen - natürlich auch in Richtung Europa. Außerdem verfolgt Deutschland seit mehreren Jahren schon den Ansatz, in Konflikten mehr Verantwortung zu übernehmen. Mali ist dafür ein Beispiel.

Der Einsatz gilt als sehr verlustreich. Bisher sind 180 Blauhelme gestorben - auch zwei aus Deutschland. Warum ist Mali so gefährlich?
Egleder: Der Tod der deutschen Soldaten im Sommer 2017 hatte nichts mit den Kampfhandlungen zu tun. Damals war ein Hubschrauber aufgrund technischer Probleme abgestürzt. Darüber hinaus sterben die meisten Soldaten auch nicht bei Kampfhandlungen, sondern weil sie auf Minen fahren. Und von den 13 000 Soldaten in Mali stammen viele auch aus Ländern, in denen das Militär nicht besonders gut ausgerüstet ist.

Schlechter als bei der Bundeswehr?
Egleder: Soldaten aus Burkina Faso, Niger oder Bangladesch sind mit einfachen Pick-ups unterwegs. Fährt man damit auf eine Sprengladung, fliegt das Auto durch die Luft. Bei den schweren und gepanzerten Fahrzeugen der Bundeswehr passiert das nicht so leicht. Und die Bundeswehr ist ohnehin nicht direkt in Kampfhandlungen verwickelt. Sie beteiligt sich mit Drohnen an Aufklärungsflügen und bildet in einer zweiten Mission das malische Militär aus.

Gerade wurde das Mandat für Mali vom Bundestag um ein Jahr verlängert. Reicht das?
Egleder: Das glaube ich kaum. Mali ist ein höchst instabiles Land. Der Staat ist in vielen Orten - vor allem in Norden - kaum präsent. Die Bevölkerung wächst rasant, es gibt aber zu wenig Arbeit. Und viele Kinder können nicht zur Schule. Man spricht schon von einer verlorenen Generation, die der Konflikt hervorgebracht hat. Um diese Probleme zu lösen, braucht es mehr als ein Jahr. Viel mehr. (mz)