Kommentar zum US-Wahlkampf Kommentar zum US-Wahlkampf: Donald Trump - wenn aus Slapstick bitterer Ernst wird

Ich fände das alles brüllend komisch, wenn es mir nicht riesige Angst einjagen würde.“ Diesen Satz hören Europäer oft, wenn sie mit amerikanischen Freunden über die Präsidentschaftskandidatur Donald Trumps sprechen.
Der Milliardär hat sich als idealer Träger des Hasses gegen den politischen Betrieb in Washington erwiesen. Die Selbstinszenierung Trumps als Outsider des politischen Systems gelingt ihm auch deshalb so gut, weil er anders spricht als die meisten Politiker. Genau das muss auch eine Warnung für deutsche Politiker sein.
Trump weiß, dass sich mit erkennbar schwachsinnigen Behauptungen wie jener, er werde an der Grenze „eine große, große Mauer“ bauen und Mexiko dafür bezahlen lassen, viel Sendezeit im Fernsehen bekommen lässt. Er bricht die Regeln, attackiert Kontrahenten weit jenseits aller Rest-Höflichkeitsstandards. Dabei spricht er oft ähnlich wie ein Comedian, der grobschlächtige Pointen setzt – eine Fähigkeit, die er sich in der Reality-Fernseh-Show „The Apprentice“ antrainiert haben dürfte, in der Kandidaten um einen Job in Trumps Unternehmen konkurrierten. Das alles ist Unterhaltung, und sei das Niveau noch so bescheiden.
Die Bühne wertet den Menschen auf, der auf ihr steht
Der Milliardär hat sich von Anfang an nicht darum geschert, dass ihn anfangs viele nur für eine zu vernachlässigende Slapstick-Nummer hielten. Er hat gespürt, dass gerade das Krawallige, das Durchgeknallte an seinen Auftritten ihm jene Aufmerksamkeit beschert, die er braucht, um seine Nummern ständig zu wiederholen. Die Bühne wertet den Menschen auf, der auf ihr steht. Slapstick kann so zu bitterem Ernst werden.
In Deutschland bemühte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über viele Jahre, ihre Politik möglichst geräuscharm abzuwickeln. Als sei sie eine Theaterregisseurin, die mit ihrer Aufführung das Publikum auf keinen Fall verstören möchte. Viele wussten das lange zu schätzen. Kein Wunder: Jemand, in dessen Gegenwart es sich gut schlafen lässt, ist einer, dem man vertraut. Doch als die Flüchtlingskrise für Lärm sorgte, wirkte Merkel wie eine Politikerin, die nie gelernt hat, ihr Handeln zu erklären. Ihr „Wir schaffen das“ wurde so von vielen empfunden als „Ihr macht das schon – auch ohne dass ich sage, wie es funktioniert“.
SPD in der Bredouille
Der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden liegt es nicht, die Bürger mitzunehmen. Doch die andere (theoretisch noch) große Partei befindet sich erst recht in der Bredouille. SPD-Chef Sigmar Gabriel ist in der Flüchtlingskrise noch mehr als sonst der Neigung erlegen, notfalls ständig ein neues Stück auf den Spielplan zu setzen – wenn das vorherige nicht sofort gut aufgenommen wurde.
In dieser Situation drängt mit der AfD eine Kraft ins Parteiensystem, die – wie Trump in den USA – ganz gezielt auf Krawall setzt. Die Behauptung der AfD-Politikerin Beatrix von Storch, der Islam sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, lässt sich leicht auseinandernehmen. Weil es erstens „den“ Islam nicht gibt, zweitens aber das Recht auf freie Religionsausübung im Grundgesetz verbrieft ist. Doch Unsinn, der oft genug wiederholt wird, wirkt. Das gilt auch für die vielfältigen Beschimpfungen der AfD gegen andere Parteien.
Was also sollen Union und SPD tun? Der Stil der AfD kommt für sie nicht infrage, weil ihnen mehr Seriosität abverlangt wird. Clownerie und Krawall werden ihnen übel genommen. Die Parteien müssen ihre Konzepte verständlich und das komplizierte Ringen um Kompromisse nachvollziehbar machen. Sie müssen Begeisterung wecken für die Demokratie als oft zähes, aber auch gewinnbringendes Modell zum Mitmachen.
Es geht ihnen wie einem Lehrer, der seine Klasse erst mal davon überzeugen muss, dass die uralte Lektüre, die auf den Tischen liegt, spannend ist. Gesucht ist: Unterhaltung mit Tiefgang.