Kolumbien Kolumbien: Präsidentschaftskandidatin verschleppt

Bogotá/Washington/dpa. - Nur drei Tage nach dem Abbruch desFriedensprozesses in Kolumbien haben die FARC-Rebellen diePräsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt im Süden des Landesentführt. Das bestätigten am Sonntag ein Sprecher ihrerWahlkampfmannschaft und die Militärbehörden.
Die 40-Jährige hatte am Vortag trotz zahlreicher Warnungenversucht, auf dem gefährlichen Landweg in die gerade erstwiedereroberte frühere Zone der marxistischen «RevolutionärenStreitkräfte Kolumbiens» (FARC) zu gelangen. Präsident AndrésPastrana verurteilte die Tat und forderte die sofortige FreilassungBetancourts.
Betancourt kann nach Meinungsumfragen nur auf wenige Prozente beider Wahl im Mai hoffen, aber die Entführung der unabhängigenKandidatin und ihrer Mitarbeiterin Clara Rojas wirft ein Schlaglichtauf die Risiken des Präsidentenwahlkampfes inmitten deseskalierenden Konflikts mit den Rebellen.
Die FARC dürften ihre neue Geisel als Beweis dafür nutzen, dasssie militärisch unbesiegbar und als Verhandlungspartner ernst zunehmen seien. Die US-Regierung kündigte unterdessen zusätzlicheUnterstützung für Pastrana im Kampf gegen die Rebellen an.
Pastrana war am Samstag auf dem sichereren Luftweg zu einemKurzbesuch in die bisherige Rebellenhauptstadt San Vicente del Caguángereist. Bei einer Rede gab der Staatschef erneut den FARC dieSchuld am Scheitern der mehr als dreijährigen Friedensgespräche. DieGuerilla habe keinen Frieden gewollt, sagte Pastrana.
Etwa 15 000 Mann der Armee, der Luftwaffe und der Marine sind seitDonnerstag zur Besetzung der Ende 1998 für Verhandlungendemilitarisierten Zone im Einsatz. Auf direkten Widerstand der etwa5000 Guerilleros in dem Gebiet von der Größe der Schweiz stießen sienach offiziellen Angaben zunächst nicht. Die FARC führen seit fast 40Jahren einen Guerillakrieg gegen die Streitkräfte, unter dembesonders die Zivilbevölkerung zu leiden hatte.
Auch am Wochenende sprengten die FARC wieder Einrichtungen derStrom- und Erdgasversorgung und überfielen kleinere Ortschaften.Schwere Kämpfe gab es zwischen den marxistischen Guerilleros undrechten Paramilitärs. Dabei wurden nach Medienberichten im Norden undim Südwesten des Landes seit Donnerstag insgesamt mindestens 55Menschen getötet.
Das US-Außenministerium kündigte an, die kolumbianischenStreitkräfte sollten unter anderem mit Geheimdienstinformationen derUSA über die Rebellen versorgt werden. «Wir werden alles tun, wasrechtlich möglich ist, um die Regierung in Bogotá zu unterstützen»,sagte der Außenamtssprecher Richard Boucher in Washington. Die USAunterstützten die Entscheidung Pastranas, den Friedensprozessabzubrechen. Pastrana hatte sich zu diesem Schritt entschlossen,nachdem mutmaßlich FARC-Mitglieder einen Senator aus einem gekapertenFlugzeug heraus entführt hatten.