Klimaschutz Klimaschutz: Bushs Kyoto-Alternative nur «heiße Luft»

Washington/Berlin/dpa. - Die USA, auf die rund ein Drittel des Ausstoßes des wichtigstenTreibhausgases Kohlendioxid (CO2) entfällt, haben sich auf eine fürsie bequeme Position ohne internationale Verpflichtungen oderKontrollen zurückgezogen. Bush zweifelt zwar nicht grundsätzlich anden Forschungsergebnissen zur Erderwärmung und ihren verheerendenFolgen für Leben und Umwelt. Er betont aber, dass es dabei«wissenschaftliche Unsicherheiten» geben. Gleichwohl sei es «weise»,eine Risikovorsorge zu betreiben. Diese soll aber der US-Wirtschaft,den Energie- und Ölkonzernen im Besonderen, nicht schaden.
Seit 1990, dem Basisjahr für die Kyoto-Ziele, ist der CO2-Ausstoßin den USA durch Kraftwerke, Industrie, Verkehr und Energieverbrauchprivater Haushalte weiter um 16,7 Prozent gestiegen. DasWirtschaftswachstum, an das Bush nun sein Programm ausdrücklichgekoppelt hat, wird auch für weitere Steigerungen sorgen, ist sichder deutsche Klimapolitik-Wissenschaftler Hermann E. Ott vomWuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie sicher. Außerdem seieine Verbesserung der «Energieintensität», wie sie das Bush-Konzeptvorsehe, auch nicht gleichzusetzen mit tatsächlichen CO2-Reduktionen. «Die Bush-Initiative ist Augenwischerei und heiße Luft.Statt zu einer Treibhausgas-Senkung wird es in den USA zu einerdeutlichen Erhöhung kommen.»
Eine ähnliche Entwicklung befürchten neben Umweltverbänden wieGreenpeace und WWF auch Bundesumweltminister Jürgen Trittin und EU-Umweltkommissarin Margot Wallström, die beide an vorderster Front fürdas Kyoto-Protokoll kämpften. Die USA sollten laut Protokoll einenationale Minderung von 7 Prozent beisteuern. Durch das Bush-Programmkönnten die Emissionen nun aber bis 2012 sogar um knapp 30 Prozentsteigen, warnte Trittin. Die Bush-Initiative tauge nicht alsAlternative für das Kyoto-Protokoll, betonten Trittin wie Wallström.
Die USA waren unter dem neuen Präsidenten Bush vor einem Jahrüberraschend aus den Kyoto-Vereinbarungen ausgeschert, die sie zuvorselbst mitformuliert hatten. Ohne die aktive Teilnahme der USAbeschloss die Staatengemeinschaft auf den folgenden Gipfeltreffen inBonn und Marrakesch die Detailregelungen zum Kyoto-Protokoll, daseine Verminderung der Treibhausgase in Industriestaaten um im Schnitt5,2 Prozent bis 2012 (im Vergleich zu 1990) vorsieht.
Das Protokoll ist zwar ohne die USA weniger effektiv, kann aberauch ohne sie in Kraft treten. Allerdings muss es dazu von mindestens55 Staaten ratifiziert werden, auf die 1990 mindestens 55 Prozent desweltweiten CO2-Ausstoßses entfiel. Die EU ist fest entschlossen, dieRatifizierung in den nächsten Monaten unter Dach und Dach zu bringen,auch wenn es plötzlich wieder internen Streit - die Dänen wollen nochZugeständnisse - und Hader um den Handel mit Emissionen gibt.
Von den Wackelkandidaten Russland und Japan, deren Teilnahmezwingend ist, wurde das letzte Wort noch nicht gesprochen. Das breiteUN-Ziel, das Protokoll bereits zum Weltumweltgipfel in Johannesburgim August/September dieses Jahres - zehn Jahre nach dem Erdgipfel vonRio de Janeiro - in Kraft treten zu lassen, sei inzwischen alleinschon vom Prozedere kaum noch haltbar, meint Ott.

