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Kernenergie Kernenergie: Stresstest mit Restrisiko

Von STEVEN GEYER UND JAKOB SCHLANDT 31.03.2011, 18:46
Ein Warnschild steht vor dem Kühlturm des Atomkraftwerkes Isar 1 und 2 nahe Essenbach (Niederbayern) (FOTO: DPA/ARCHIV)
Ein Warnschild steht vor dem Kühlturm des Atomkraftwerkes Isar 1 und 2 nahe Essenbach (Niederbayern) (FOTO: DPA/ARCHIV) dpa

BERLIN/MZ. - Damitrückt das dauerhafte Ende der sieben befristetabgeschalteten Altmeiler näher, da diese unteranderem unzureichend gegen Flugzeugabstürzegesichert sind.

Nach dem am Donnerstag vorgestellten Prüfkatalog,der nach Angaben der Bundesregierung der strengsteweltweit ist, sollen 80 bis 100 Experten derReaktorsicherheitskommission die AKW auf ihreSicherheit bei Flugzeugeinschlägen, Erdbebenund Hochwasser kontrollieren, sagte UmweltministerNorbert Röttgen (CDU). Am Ende des von derBundesregierung angestoßenen Prozesses, wünschteer sich, sollte am besten ein gesamtgesellschaftlicherKonsens stehen. Gemeinsam mit der Frage, woherDeutschland künftig seine Energie beziehe,müsse dann auch darüber entschieden werden,wie lange die deutschen Atomkraftwerke nochlaufen sollen. Zunächst aber gehe es um politischeEntscheidungen, für die das "Primat der Politik"gelten müsse, so Röttgen. Fragen der Sicherheitkönnten nicht "das Ergebnis von Verhandlungenmit den Energieerzeugern sein". Die Grundlagefür die politische Entscheidung über das deutscheRestrisiko soll nun ein Stresstest für die17 deutschen AKW bringen.

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Laut dem Vorsitzenden der Reaktorsicherheitskommission,Rudolf Wieland, wird bei den Tests rechnerischetwa durchgespielt, wie die Notsysteme aufErdbeben, Hochwasser oder Extremwetterlagenreagieren - aber auch auf einen Kerosinbrandoder einen Terrorangriff. Man werde dabeinicht die Einhaltung bestehender Vorgabenprüfen, sondern wolle diese Sicherheitsvorgabenunter dem Eindruck der Katastrophe von Japanneu bewerten. Von den Befunden hängt maßgeblichder Weiterbetrieb der Meiler ab, erklärteRöttgen.

Der Bericht der Sicherheitskommission sollbis Mitte Mai vorliegen und Grundlage fürdie politische Entscheidung über die Zukunftder Atomenergie in Deutschland sein. Er fließeauch in das Votum des von Kanzlerin AngelaMerkel (CDU) eingesetzten Ethikrates überdas tragbare Restrisiko ein. Es gehe um dieFrage, welches Maß an Risiken die Gesellschaftbei der Kernenergie noch eingehen wolle. Dergesellschaftliche Konsens darüber müsse mehrereLegislaturperioden Bestand haben. Nur so erhaltedie Wirtschaft Planungssicherheit. Noch innerhalbdes dreimonatigen Moratoriums werde die Regierungauf dieser Basis über die Restlaufzeiten derAKW entscheiden. Der Bundestag werde dannbis Mitte Juni "auch gesetzgeberische Maßnahmen"treffen.

Atomkraftgegner kritisierten den Prüfkatalogals zu vage. Er bleibe "weit hinter dem Vorschlagder Reaktorsicherheitsabteilung des Umweltministerszurück, der durchgesickert war", sagte RebeccaHarms, Grünen-Chefin im EU-Parlament. DiePrüfung müsse bekannte Sicherheitslücken derdeutschen AKW bewerten, die bereits zu schwerenStörfällen geführt haben. "Der Faktor menschlichenVersagens, allein durch die Gewöhnung derMitarbeiter an das Risiko, findet keinerleiBerücksichtigung", so Harms.