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Katholische Kirche Katholische Kirche: Praktizierende Homosexuelle sollen nicht Priester werden

29.11.2005, 10:10

Rom/dpa. - Selten zuvor hatte der Vatikan so markant den roten Stift angesetzt, um damit ein für alle Mal Richtlinien zum ThemaHomosexualität und Priestertum zu zeichnen. «Bis hierhin und nicht weiter!», scheint das am Dienstag in Rom offiziell veröffentlichte Instruktionspapier der Bildungskongregation sagen zu wollen, das für einen wahren Aufschrei in Schwulen- und Lesbenverbänden sorgte.

«Bishierhin» will sagen, dass sich Homosexuelle durchaus zum Priesteramtberufen fühlen können. «Und nicht weiter» sind die strengen Regeln,die sie künftig von diesem Vorhaben trennen sollen.

«Homosexuelle Priester sind eine äußerst delikate Angelegenheit,die mit der gebotenen Vorsicht angegangen werden muss. Aber sie sindunvereinbar mit dem Priestertum» bekräftigte der italienischeKardinal Ersilio Tonini am Dienstag. Kritiker sprechen hingegen vonDiskriminierung, von «einem fatalen Signal» und «Einschüchterung». Eshandele sich um ein «lächerliches Dokument, in dem Schwule zumSündenbock für die Sex-Skandale der Kirche gemacht werden», sagte derEhrenpräsident des italienischen Schwulenverbandes Arcigay, FrancoGrillini, der dpa.

Besonderen Zorn der Kritiker ernten die Textpassagen desDokuments, in denen der Heilige Stuhl künftig auch Männer, die die«homosexuelle Kultur unterstützen» - also Homo-Treffs besuchen oderhomosexuelle Freunde haben - von der Priesterweihe ausschließen will.Zudem heißt es, homosexuelle Tendenzen könnten auch ein«vorübergehendes Problem» sein, das «seit wenigstens drei Jahreneindeutig überwunden sein muss», um zur Weihe zugelassen zu werden.«Ich habe noch nie einen Schwulen getroffen, der dann heterosexuellgeworden ist. Man kann nicht damit aufhören, schwul zu sein»,erklärte Grillini. «Homosexuelle sind die neuen Juden für diekatholische Kirche», wetterte er.

Ganz anders werten Vatikan-Beobachter das Instruktions-Papier.Schließlich gebe es in der katholischen Kirche auch Kräfte, dieüberhaupt keine Homosexuellen als Priester wollen - auch nicht dann,wenn sie die «Tendenz» überwunden haben, hieß es. Unter diesemGesichtspunkt sei das Schriftstück geradezu «moderat».

Wahrscheinlich ging es der beauftragten Kongregation letztlichdarum, eindeutige praxis-orientierte Spielregeln und Richtlinien fürdie Priesterseminare aufzustellen - «wohl vor allem wegen der stetigsteigenden Zahl Homosexueller in der Welt», sagte Pater Eberhard vonGemmingen, der Leiter der deutschen Redaktion von Radio Vatikan. «FürHeterosexuelle und Homosexuelle gelten im übrigen die gleichenRegeln, nämlich das Zölibat einzuhalten. Aber für Homosexuelle istdies schwieriger, weil sie in der Kirche in einer Männergesellschaftleben.»

Auch der Leiter des Hildesheimer Priesterseminares, Regens WalterKalesse, versteht die Aufregung nicht so recht - denn nach seinerErfahrung werden etwa ein Drittel der Priesteramts-Kandidaten am Endesowieso nicht geweiht: «Oft verlieben sich die Studenten irgendwannund verlassen das Priesterseminar, um eine Familie zu gründen. Daswar immer so. Es kommt ganz selten vor, dass ich einen Kandidatenbitten muss, das Priesterseminar zu verlassen.» Jedoch forderteKalesse, dass alle Priesteramts-Kandidaten gleich behandelt werdensollten.