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Rollenwechsel bei der SPD Kanzlerkandidat Martin Schulz soll neuer Hoffnungsträger werden - Rollenwechsel bei der SPD

Von Tobias Peter 25.01.2017, 16:52
Der künftige Außenminister Sigmar Gabriel und der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz.
Der künftige Außenminister Sigmar Gabriel und der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Getty Images Europe

Es ist der Tag des Applauses bei der SPD. Nachdem der künftige Kanzlerkandidat der Partei, Martin Schulz, am Mittwochmittag an der Seite von Fraktionschef Thomas Oppermann zur Sitzung im SPD-Fraktionssaal im Bundestag einmarschiert ist, gibt es stehende Unterstützungsbekundungen von den Abgeordneten.

Martin Schulz ist die Hoffnung auf die Wende im Umfragetief

Dort will Schulz, der Gabriel auch im Parteivorsitz beerben wird, eine Art Antrittsrede vor den Abgeordneten halten. Danach, wird Fraktionschef Oppermann später sagen, sei der Applaus der Fraktion noch größer gewesen.

Die SPD-Parlamentarier wollen daran glauben, dass Martin Schulz die Wende im Umfragetief bringen kann. Und sie müssen es auch. Denn Schulz ist jetzt der Mann, der die Partei durchs Wahljahr führt. Die Fraktion hinter sich zu bringen, ist da vielleicht die einfachste Aufgabe. Hier hat manch einer unter dem launigen sprunghaften Gabriel gelitten. Hier wissen alle, dass es um ihre Mandate geht.

Aber wie will der langjährige Europapolitiker Schulz, der innenpolitisch bislang ein weitgehend unbeschriebenes Blatt ist, die deutschen Wähler für die SPD gewinnen? Er, den viele als Teil der oft als bürokratisch und lebensfern geschmähten EU-Institutionen sehen? Abstriche machen will der überzeugte Europäer an seiner durch und durch bejahenden Haltung zur EU nicht. Das hat er bereits am Vorabend im Willy-Brandt-Haus gesagt. Wie könnte auch ausgerechnet er das tun?

Schulz beruft sich auf seine Erfahrung als Bürgermeister

Als Schulz mit Oppermann nach der kurzen Sondersitzung der SPD-Fraktion vor die Presse tritt, wird klar, mit welchem Teil seiner Biografie er vor allem wuchern will.  Schulz erinnert an den Beginn seiner politischen Karriere, an die Zeit, als der Bürgermeister im nordrhein-westfälischen  Würselen war. Dabei habe er sich stets bemüht den „Alltagssorgen der Menschen“, jener „hart arbeitenden Menschen, die sich an die Regeln der Demokratie halten“ gerecht zu werden.

Der tägliche Kampf dieser Menschen müsse im Mittelpunkt des sozialdemokratischen Denkens stehen, sagt Schulz. Seine Hände, die er zuvor noch wie zum Gebet verschränkt hatte, sind dabei zur Faust geballt und in die Höhe gestreckt. „Die SPD hat den Anspruch dieses Land zu führen“, sagt Schulz. „Wir wollen – in welcher Konstellation auch immer – den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland stellen.“

Dass es für die Sozialdemokraten jetzt darum gehen soll, nach vorn zu schauen, war zuvor schon in der Fraktionssitzung hinter verschlossenen Türen klar geworden. Parteichef Gabriel erläuterte kurz, dass die Personalentscheidungen auf dem Wunsch fußten, acht Monate vor der Wahl möglichst wenig Diskontinuitäten herzustellen. Oppermann und Schulz schworen die Abgeordneten darauf ein, dass es jetzt zu kämpfen gelte. Klar ist: Eigentlich gäbe es – nachdem viele Abgeordnete von Gabriels Entscheidung zuerst aus den Medien erfuhren – auch einiges anderes zu bereden. Aber wem würde das jetzt etwas nützen?

Gabriel bekommt eine „dienende Rolle”

Dass Missstimmungen über Gabriels Vorgehen vorhanden sind, lässt sich aber später beim Auftritt vor der Presse aus einer Antwort Oppermanns auf die Frage schließen, welche Rolle der künftige Außenminister Gabriel im Wahlkampf spielen solle. Schulz fabuliert wortreich darüber, wie wichtig der Zusammenhalt in Europa und damit auch der Außenminister sei. Dabei hätten man es belassen können. Doch Oppermann ergänzt schneidend: „Er hat eine dienende Rolle.“

Jener, der da künftig dienen soll, präsentiert in seinen letzten Tagen als Wirtschafsminister nicht viel mehr als eine Stunde später den Jahreswirtschaftsbericht. Gabriel lobt die eigene Bilanz – und ergänzt, er sei sicher, bei so geringen Arbeitslosenzahlen hätten seine Vorgänger sich selbst noch mehr gelobt.

Er sagt, dass die SPD zuallererst die Arbeitnehmer im Blick haben müsse. Jene, die hart arbeiteten und sich an die Regeln hielten. Damit greift Gabriel wie Schulz ein Zitat des früheren US-Präsidenten Bill Clinton auf. Mit Schulz wird es wohl nicht vollkommen andere Wahlkampfinhalte geben als mit Gabriel. Letzterer hat nicht das Stück vom Spielplan abgesetzt, sondern entschieden: Schulz ist die bessere Besetzung als Hauptdarsteller.

Gabriel wirkt aufgeräumt. In der Politik gebe es immer Veränderung, sagt er. Abschied und die Freude auf das Neue gehörten zusammen.