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Kanzlerbesuch in China Kanzlerbesuch in China: Schröder im Reich der Mitte

Von Andreas Landwehr und Markus Wacket 30.12.2002, 16:31

Peking/dpa/rtr. - Der frisch gebackene Doktor musste sofort erfahren, dass damit auch Verpflichtungen verbunden sind. Eine Studentin fragte, ob er denn jetzt auch Vorlesungen halten würde. Spontan sicherte der Kanzler zu, zumindest jedes Mal, wenn er künftig in die Hafenmetropole komme, eine kleine Vorlesung abzuhalten. Aber nur 45 Minuten wohlgemerkt: "Denn Akademiker sind so, dass sie zwar eine Stunde bezahlt bekommen, aber nur 45 Minuten arbeiten."

Der Besuch des deutschen Bundeskanzlers in China verlief exakt so, wie es sich die chinesischen Gastgeber gewünscht hatten: in perfekter Harmonie. Die deutsch-chinesischen Beziehungen? "Problemlos." Der Handel zwischen den Ländern? "Auf Rekordniveau." Der in Deutschland misstrauisch beäugte Transrapid? "Er hat in China eine schöne Zukunft", versichern ihm seine Gesprächspartner. Was tun im Irak-Konflikt? "China und Deutschland sind hier einer Meinung." Selbst die Frage der Menschenrechte in einem Land, das in den vergangenen Jahren immer mehr Todesurteile vollstreckt hat, kann die Stimmung nicht verderben. Das Thema spricht der Kanzler zwar an, ohne die Chinesen jedoch mit konkreten Forderungen zu brüskieren. Die Brisanz früherer Jahre kommt nicht auf.

Besser noch: China ist auf dem internationalen Parkett längst ein Hauptakteur. Als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat wird es wird für den Kampf gegen den Terror ebenso gebraucht wie im Gespräch über das Atomprogramm von Nordkorea. Es gibt also nicht nur die USA für die Deutschen. Wirtschaftlich bietet das Land ohnehin für die Exportnation Deutschland riesige Chancen: Während in Deutschland schon an der Wachstumsprognose der Regierung von 1,5 Prozent für 2003 gezweifelt wird, erwarten die Chinesen rund acht Prozent. Schröder selbst kennt das Land seit er als niedersächsischer Ministerpräsident und Aufsichtsrat von Volkswagen die Expansion in das Reich der Mitte begleitet hat.

Der Kanzler räumt durchaus ein, dass deutsche Regierungschefs - und da schließt er seinen Vorgänger Helmut Kohl ausdrücklich ein - den Boden seit Jahrzehnten bereitet hätten. Siemens-Chef Heinrich von Pierer, nutzt dafür ein chinesisches Sprichwort: "Eine Generation pflanzt Bäume, die nächste genießt den Schatten." Man wolle eben nicht nur den "schnellen Dollar" machen.