Kanada Kanada: Schreiber erreicht Aufschub seiner Auslieferung
Toronto/Augsburg/dpa. - Kanadashöchste Richter folgten Schreibers Antrag, neue Unterlagen zu seinerEntlastung vorlegen zu dürfen. Das ist ungewöhnlich, weil sich derkanadische Supreme Court ähnlich dem Bundesgerichtshof normalerweisenur mit Rechtsfragen beschäftigt.
Das Gericht in Toronto hat nach Angaben von Augsburgs LeitendemOberstaatsanwalt Reinhard Nemetz Schreiber drei Wochen Zeit für dieEinreichung von Unterlagen gegen seine Auslieferung eingeräumt.Danach habe die kanadische Staatsanwaltschaft eine weitere Woche Zeitzur Prüfung dieser Schriftsätze, bevor es zu einer Entscheidungkomme. «Jetzt soll Schreiber seine Materialien vorlegen, dann sehenwir weiter», sagte Nemetz am Freitag der dpa. Er rechne nach wie vormit einer Auslieferung.
Die Zeitung «Globe and Mail» berichtete am Freitag, Schreiber habevor dem Supreme Court geltend gemacht, dass die ihm angelasteteSteuerhinterziehung im Auslieferungsabkommen zwischen Kanada undDeutschland nicht als Grund zum Abschieben aufgeführt sei.
Schreiber gilt als Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre. DieAnklagebehörde wirft ihm Steuerhinterziehung, Bestechung und Untreuevor. Bei internationalen Geschäften mit Panzern, Hubschraubern undFlugzeugen soll er Millionen an Schmiergeldern erhalten und über einGeflecht von Tarnfirmen und Schweizer Tarnkonten an Politiker undManager weitergereicht haben.
Dadurch habe er dem deutschen Fiskus umgerechnet zehn MillionenEuro vorenthalten, heißt es in der 140-seitigen Anklage. Der einstigeIntimus des früheren bayrischen Ministerpräsident Franz Josef Strauß(CSU) war bei den kanadischen Gerichten bisher mit seinen Einsprüchengegen die Auslieferung gescheitert. Die Richter hatten sich bisherauf den Standpunkt gestellt, dass die im Augsburger Haftbefehlgenannten Vorwürfe korrekt seien und zur Verurteilung in Deutschlandausreichten.
Dieser Auffassung widerspricht der Supreme Court jetzt. Er hatteerst kürzlich entschieden, dass auch die Auslieferungsgesuche vonRechtsstaaten sorgfältig geprüft werden müssen. Kanadische Richterdürften sich nicht zu «Stempel-Beamten» für die ausländische Justizmachen, verfügte der Supreme Court. Danach müssen schon die unterenInstanzen Beschuldigten umfangreich rechtliches Gehör gewähren undsich selbst in einem Beweisverfahren von der Berechtigung einesAuslieferungsbegehrens überzeugen.
Schreibers Anwalt Edward Greenspan hatte im Juli den kanadischenJustizminister um Hilfe angerufen. Er begründete dies mit derVoreingenommenheit der deutschen Justiz. Kommentare eines deutschenRichters und der Staatsanwaltschaft zeigten, dass Schreiber schon vorBeginn eines Prozesses schuldig gesprochen sei.