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Kabul: Schwerster Anschlag seit Sturz der Taliban

07.07.2008, 18:29

Kabul/dpa. - Kabul  - Beim verheerendsten Selbstmordanschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul seit dem Sturz der Taliban Ende 2001 sind mehr als 40 Menschen getötet worden, darunter zwei hochrangige indische Diplomaten.

Der Attentäter sprengte sich zum Dienstbeginn der Diplomaten am Montag vor der indischen Botschaft in der Kabuler Innenstadt in einem Wagen die Luft. Aus dem afghanischen Innenministerium hieß es, mindestens 44 Menschen seien getötet und 147 weitere verletzt worden. Das Gesundheitsministerium teilte mit, unter den zahlreichen getöteten Zivilisten seien Kinder und Frauen. Unter den vier indischen Toten sind der Militärattaché und der politische Berater an der Botschaft.

Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand. Während Selbstmordanschläge in Afghanistan früher so gut wie unbekannt waren, hat die Zahl solcher Attacken in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen. Das Innenministerium machte Terroristen in Zusammenarbeit mit einem «Geheimdienst in der Region» für den Anschlag verantwortlich, ohne ein Land zu benennen. Zuletzt hatte Afghanistan den pakistanischen Geheimdienst ISI beschuldigt, Drahtzieher eines Taliban-Angriffs auf den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai Ende April bei einer Militärparade in Kabul gewesen zu sein. Die afghanisch-pakistanischen Beziehungen sind angespannt.

Indiens Außenminister Pranab Mukherjee berief ein Krisentreffen mit dem Innen- und dem Verteidigungsminister ein. Neu Delhi engagiert sich beim Wiederaufbau in Afghanistan, stellt aber keine Soldaten. Indien gerät wegen des Konflikts um die geteilte Region Kaschmir immer wieder ins Visier militanter Muslime. Zahlreiche Extremisten, die zuvor im indischen Teil Kaschmirs für den Anschluss der Region an Pakistan kämpften, sind inzwischen in Afghanistan aktiv. Indische Projekte und ihre Mitarbeiter in Afghanistan sind in den vergangenen Jahren mehrfach zum Ziel von Rebellen geworden. Das Außenministerium in Neu Delhi teilte mit, der «feige Terrorangriff» werde Indien nicht davon abbringen, seine Zusagen an Afghanistan zu erfüllen.

Karsai betonte, die «Feinde Afghanistans» wollten verhindern, dass sein Land die Freundschaft zu Indien ausbaue. Die Beziehungen würden durch solche «höllischen Taten» aber nicht beschädigt. Die Vereinten Nationen nannten den Anschlag «feige und abscheulich». Der UN- Sondergesandte Kai Eide teilte mit: «In keiner Kultur, keinem Land und keiner Religion gibt es eine Entschuldigung oder eine Rechtfertigung für solche Taten.»

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte, Ziel der Terroristen sei es, geordnete und demokratische Verhältnisse in Afghanistan zu verhindern. Er zähle darauf, dass die afghanischen Behörden die Hintermänner des Attentats rasch finden und zur Rechenschaft ziehen. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Gordon Johndroe, sagte am Rande des G8-Gipfels in Toyako (Japan), sein Land stünde Seite an Seite mit den Völkern Afghanistans und Indiens gegen den «gemeinsamen Feind». (dpa)