"Anne Will" zu Machtverlust Jürgen Trittin zeigt Mitleid für Horst Seehofer bei Anne Will

Berlin - Wenn zwei gehen, dann wird die dritte gefragt, warum sie immer noch da ist. So ergeht es Andrea Nahles am Sonntagabend in der Talkshow von Anne Will – kurz nachdem bekannt geworden ist, dass nach der Rückzugsankündigung von Angela Merkel als CDU-Chefin nun auch Horst Seehofer seinen Stuhl als CSU-Chef wohl in absehbarer Zeit räumen wird.
Was ist jetzt also mit Nahles? Ist die SPD mit Umfragewerten von 14, 15 Prozent etwa nicht in einer so existenziellen Krise, dass ein personeller Wechsel angebracht wäre?
„Die CSU vollzieht als letzte der drei Parteien in der Regierung eine Erneuerung“, entgegnet Nahles lapidar. Sie selbst sei ja noch nicht lange im Amt, fügt die SPD-Chefin hinzu. Ein Argument übrigens, mit dem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder nach seinem mickrigen Wahlergebnis bei der Landtagswahl praktisch alle Last der personellen Erneuerung zu Seehofer schob.
Der Minister und die Heimat
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnt, nicht alle Probleme ließen sich auf Personalfragen reduzieren. Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin schickt Seehofer lieber noch ein paar hämische Worte hinterher. „Bei Horst Seehofer muss man ja schon fast Mitgefühl haben“, sagt Trittin. „Der Heimatminister war zuletzt politisch heimatlos.“ Trittin vergisst nicht zu erwähnen, dass er Seehofer auch als Innenminister gern so schnell wie möglich los wäre.
„Der Machtverlust – Gelingt den Volksparteien ein Neuanfang?“ So lautet der Titel der Sendung. Selbstverständlich geht es dabei um mehr als Personalfragen. Die Diskussion verläuft allerdings über weite Strecken nach eigenen Interessenlagen. Trittin zieht in Zweifel, ob das alte Volksparteien-Konzept in einer immer vielfältigeren, individualisierten Gesellschaft noch die Lösung sein könne. Nahles verspricht die Erneuerung der Volkspartei SPD. Altmaier verweist auf politische Instabilitäten in Ländern, in denen Volksparteien nicht überlebt hätten.
Die Personen und was an ihnen klebt
So weit, so erwartbar. Doch der CDU-Politiker und Bundesminister Altmaier sagt auch einen bemerkenswerten Satz, der das ganze Dilemma der Parteien in der großen Koalition offenlegt. Er verweist darauf, dass sowohl Union als auch SPD angesichts der Konkurrenz von rechts und links unter dem Druck ihrer Anhänger stünden, die eigene Politik zu schärfen. „Je mehr Partei pur wir machen“, sagt Altmaier dann, „desto weniger kann diese Koalition funktionieren.“
Dieses Zitat wirft in aller Deutlichkeit die Frage auf, ob die Große Koalition unter den derzeitigen Bedingungen überhaupt funktionieren kann. Anfang Dezember entscheidet ein Parteitag, ob Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz oder Jens Spahn künftig die CDU führen wird. Die SPD-Vorsitzende Nahles sagt schon mal: „An diesen Personen kleben ja auch Richtungen dran.“ Ob der Richtungsstreit in der Union mit der Vorsitzenden-Wahl beendet sei, da ist Nahles sich nach eigenen Angaben nicht sicher.
Es wird also bald wieder eine Talkshow zum Zustand der Großen Koalition geben. Und auch zu Frage nach der Zukunft der Volksparteien.